Das Verhältnis von Majors und Indies in der ...



WIRTSCHAFTSUNIVERSITÄT WIEN

DIPLOMARBEIT

|Titel der Diplomarbeit: |

|Das industrieökonomische Verhältnis von Majors und Indies in der Musikindustrie am Beispiel der U-Musik in Österreich |

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|Verfasserin/Verfasser: |Franz Simon |

|Matrikel-Nr.: |9953242 |

|Studienrichtung: |Volkswirtschaft |

|Beurteilerin/Beurteiler: |ao. Univ. Prof. Mag. Dr. Peter Tschmuck |

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|Ich versichere: |

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|dass ich die Diplomarbeit selbstständig verfasst, andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt und mich auch sonst |

|keiner unerlaubten Hilfe bedient habe. |

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|dass ich dieses Diplomarbeitsthema bisher weder im In- noch im Ausland (einer Beurteilerin/ einem Beurteiler zur Begutachtung) in |

|irgendeiner Form als Prüfungsarbeit vorgelegt habe. |

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|dass diese Arbeit mit der vom Begutachter beurteilten Arbeit übereinstimmt. |

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| |Datum | |Unterschrift | |

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I. Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung 5

1.1 Relevanz der Fragestellung 5

1.2 Definitionen und Abgrenzungen 6

1.3 Überblick über die Arbeit 20

2 Majors 21

2.1 Die Strategie der Majors 21

2.2 Organisations- und Kostenstruktur 24

2.3 Marktstruktur in Österreich 29

3 Indies 33

3.1 Die Aufgaben der Indies 33

3.2 Organisations- und Kostenstruktur 35

3.3 Marktstruktur in Österreich 37

4 Modelle 39

4.1 Entscheidung bei Risiko 39

4.2 Strategisches Verhalten 46

4.3 Werbung 52

4.4 Forschung und Entwicklung 56

5 Empirische Ergebnisse 66

5.1 Instrumente zur Messung der Marktkonzentration 66

5.2 Auswertung 67

6 Fazit 70

6.1 Zusammenfassung der Ergebnisse 70

6.2 Ausblick 73

Quellenverzeichnis 75

Literaturverzeichnis 75

Internetquellen 77

Rechtsgrundlagen 78

II. Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Die Wertschöpfungskette in der Musikindustrie. Quelle: Tschmuck, 2005:1 7

Abbildung 2: Der Anteil der Wertschöpfungskette der Majors. Quelle: Tschmuck, 2005:1 21

Abbildung 3: Typische Kostenstrukturen eines Majors. Quelle: Jakob, 2005:74 28

Abbildung 4: Der Musikmarkt in Österreich, Umsätze in Millionen Euro. Quelle: IFPI, 2006:3; IFPI, 2001:3 29

Abbildung 5: Repertoire der Musikindustrie in Österreich. Quelle: IFPI, 2006:4 32

Abbildung 6: Der Anteil der Wertschöpfungskette der Indies. Quelle: Tschmuck, 2005:1 33

Abbildung 7: Marktanteile der Tonträgerfirmen in Österreich. Quelle: IFPI, 2006:5, und eigene Berechnungen 37

Abbildung 8: Gewinnzunahme bei Investition in Repuation. Quelle: Church, Ware, 2000:194 43

Abbildung 9: Strategische Investition bei Preiswettbewerb. Quelle: Church, Ware, 2000:531 49

Abbildung 10: Marktkonzentration bei zunehmender Werbungsintensität. Quelle: Church, Ware, 2000:566 53

Abbildung 11: Direkter und indirekter Effekt von Werbung. Quelle: Church, Ware, 2000:569 55

Abbildung 12: Zusätzliche Produzentenrente bei vollkommener Konkurrenz. Quelle: Eigene Darstellung 58

Abbildung 13: Zusätzliche Produzentenrente im Falle des Monopols. Quelle: Eigene Darstellung 59

Abbildung 14: Reaktionsfunktionen beim Verkauf einer Innovation bei konkurrierenden Unternehmen. Quelle: Eigene Darstellung 63

Abbildung 15: Konzentrationskurve der Majors in Österreich. Quelle: IFPI, 2006:5 und eigene Berechnungen 68

III. Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Konzentration in der Musikindustrie seit 1980. Quelle: Steinkrauß, 2005:29 25

Tabelle 2: Die Struktur der Majors im internationalen Umfeld. Quelle: Universal Music Group Key Figures, Bertelsmann Geschäftsbericht 2005, Sony USA, corporate fact sheet, EMI Annual Report 2006, Time Warner annual report. 26

Tabelle 3: Umsätze der österreichischen Majors anhand der Marktanteile an den internationalen Majors. Quelle: IFPI, 2006:3, eigene Berechnungen unter Einbezug des Wechselkurses vom 21.11.2006 30

Tabelle 4: Klassifikation für zweistufige Spiele im Falle von strategischen Komplementen. Quelle: Church, Ware, 2000:534 50

1 Einleitung

1 Relevanz der Fragestellung

1 Das Gut Musik

Wenn man sich mit Musik beschäftigt, so gelangt man schnell zur Erkenntnis, dass Musik heute überall zugegen ist. Oft wird Musik gar nicht direkt verkauft, sondern dient als „Transmitter“ um bestimmte Produkte, Emotionen oder Botschaften zu verkaufen. Musik tritt in unser Leben ohne, dass wir es richtig bemerken; sie läuft im Hintergrund. Demgegenüber steht der „aktive“ Konsum des Gutes Musik. Musik kann gegenwärtig durch den Besuch eines Konzerts, dem Kauf von physischen Tonträgern, dem Download aus dem Internet, oder aber auch durch Musikprogramme in den Medien konsumiert werden. Durch den fortlaufenden technischen Fortschritt wurde Musik mit der Zeit verkaufbar, sowohl für den passiven, als auch für den aktiven Konsum. In diesem Sinne wurde Musik instrumentalisiert und zu einem wirtschaftlich bedeutenden Produkt, welches auch für wissenschaftliche Untersuchungen spannend zu betrachten ist.

In weiterer Folge wird an dieser Stelle der aktive und vordergründige Musikkonsum thematisiert und diskutiert. Dies ist auf den ersten Blick insofern einfacher, als dass die Präferenzen für Musik auch monetär messbar werden und Musik nicht nur „als Nebenprodukt“ erscheinen. Musik an sich ist ein auditiv konsumierbares Gut. Dem Handel mit Musik geht deswegen eine Notation oder eine Aufnahme voraus, wodurch die Musik zu einem tangiblen Gut wird. In dieser Arbeit wird der Fokus auf den Handel mit Tonträgern liegen, welche zur Speicherung und letztlich auch zur Wiedergabe von Musik dienen. (Vgl.: Wicke, Ziegenrücker, Ziegenrücker, 1997:553)

Aus wissenschaftlicher Sicht gibt es hier mehrere Möglichkeiten in welche Richtung geforscht werden kann, mitunter auch in unterschiedlichen Disziplinen. Von der betriebswirtschaftlichen Sicht ist dieser Markt z.B. aus marketingtechnischen Gründen interessant. Ein Soziologe könnte mit Theorien der Frankfurter Schule, Bourdieu, oder Luhmann weitere Zusammenhänge erklären. Rechtswissenschaftlich gesehen bietet diese Feld auch viele Forschungsmöglichkeiten, da vor allem das Urheberrecht in dieser Branche eine wichtige Rolle spielt. An dieser Stelle wird aber eine ökonomische Analyse Platz finden, welche die verschiednen Wettbewerbselemente betrachten wird.

2 Der Wettbewerb als Forschungsgegenstand

Um wirtschaftlichen Wettbewerb zu beleuchten gibt es ebenfalls mehrere Ansatzpunkte. Prinzipiell geht man in der Ökonomie aber davon aus, dass die Effizienz von größter Wichtigkeit bei der Beobachtung von Märkten und deren Verhaltensweisen ist. „Eine ökonomische Situation ist Pareto-Effizient, wenn es keine Möglichkeit gibt, eine Person besser zu stellen, ohne irgendeine andere zu benachteiligen. Pareto-Effizienz ist erwünscht – wenn es eine Möglichkeit gibt, eine Gruppe von Leuten besser zu stellen, warum sollte man das nicht tun – aber Effizienz ist nicht das einzige Ziel der Wirtschaftspolitik. So sagt zum Beispiel Effizienz fast nichts über Einkommensverteilung oder ökonomische Gerechtigkeit aus.“ (Varian, 2001:291). Die Frage der ökonomischen Gerechtigkeit ist allerdings nicht so eindeutig zu beantworten, da die Frage der Gerechtigkeit eher von der Philosophie thematisiert wird. Trotzdem ist sie bei folgender Untersuchung nicht zu unterschätzen, da die Ausübung von Marktmacht auch oft als ungerecht empfunden wird. Die Hauptziele der Wettbewerbsanalyse bestehen jedoch darin, ökonomisch oder gesellschaftlich schädliche Effekte von Kartellen und anderen Wettbewerbsbeschränkungen abzuwenden und damit den Wettbewerb im Interesse einer markwirtschaftlichen Ordnung zu fördern. Falls derartige Probleme in diesem Markt auftreten sollten, so spricht man von Marktversagen, welches die Effizienz und die gesellschaftliche Wohlfahrt beeinträchtigen.

Als Instrument zur Messung der effizienten Allokation der Ressourcen wird in weiterer Folge kein neoklassischer Ansatz gewählt, da dieser von einer idealtypischen Marktkonstellation ausgeht welche in diesem Fall nicht gegeben ist. Vielmehr wird von einem industrieökonomischen Ansatz Gebrauch gemacht, welcher die Gegebenheiten eines Oligopolmarktes besser erfassen kann. Von Interesse wird auch sein, ob die Aufgabenverteilung zwischen den beiden Unternehmensformen ebenfalls effizient gestaltet ist.

2 Definitionen und Abgrenzungen

In diesem Abschnitt soll nun kurz erörtert werden auf welches Gebiet sich diese Arbeit konzentrieren wird. Der Forschungsgegenstand muss hier klar eingeschränkt werden, sofern eine wissenschaftliche Untersuchung Sinn machen soll.

1 Das Unternehmen Tonträgerfirma

Bei einer Tonträgerfirma handelt es sich um eine wirtschaftliche Institution, welche die Vermarktung von Künstlern und die vertraglich zugesicherten Rechte an Liedern ebendieser, sowie den Verkauf derer Musik via Tonträgern anstrebt. Eine wichtige Differenzierung ist zu treffen zwischen einer Tonträgerfirma und einem Label. Platenfirmen unterhalten bei entsprechender organisatorischer Größe oft mehrere kleine Labels, welche ebenfalls Funktionen der Tonträgerfirma ausüben. Der Name Label bedeutet praktisch soviel wie „Aufdruck“, da der Name bzw. das Logo des Labels auf den Tonträger bzw. dessen Hülle aufgedruckt ist. Da kleinere Tonträgerfirmen selbst ihr Logo platzieren werden die Begriffe Tonträgerfirma und Label bei diesen kleineren Organisationen als Synonyme für einander verwendet.

Explizit zur Abgrenzung soll hier noch hinzugefügt werden, dass sich ein Label nicht auf die Aufführung von Darbietungen konzentriert. Ein Label ist keine Künstleragentur, Manager, Booker, Veranstalter oder ähnliches. In der Praxis bieten einige Indies diese Dienste zwar zusätzlich an, sie werden aber in dieser Untersuchung ausgeblendet.

2 Die Wertschöpfungskette in der Musikindustrie

Abbildung 1: Die Wertschöpfungskette in der Musikindustrie. Quelle: Tschmuck, 2005:1

Die Wertschöpfungskette in der phonographischen Industrie reicht nach dem künstlerischen Input vom Verlagswesen bis hin zum Einzelhandel. Inwieweit eine Tonträgerfirma in diesen gesamten Prozess eingreift hängt stark von der Größe und Organisation der Tonträgerfirma ab. Die großen weltweit tätigen Unternehmen, genannt die Majors, sind stärker in den gesamten Verlauf involviert als die kleinen Tonträgerfirmen, die auch Independents oder kurz Indies genannt werden. Die genaue Unterscheidung zwischen den Majors und den Indies wird in den Kapiteln 2 und 3 erläutert. Hier soll nun auf die verschiedenen Bereiche dieser Wertschöpfungskette genauer eingegangen werden.

1 Musikverlag

Ein Musikverlag beschäftigt sich mit dem Verwerten der Rechte der an ihm übertragenen Werke von den Künstlern. Der Verlag ist dabei einer der wichtigsten Partner der Künstler, da bei jedem Verkauf von Noten oder Werken sowie bei einer Verwertung in Sendungen in Medien der Verlag und der Künstler Tantiemen erhalten. Allerdings versucht ein Verlag in der Regel ein möglichst breites Spektrum an Musikstilen sich rechtlich anzueignen, im Gegensatz zu vielen kleinen Labels. (Vgl.: Lyng, 2003:80)

Die Aufgaben eines Musikverlages reichen vom Erwerb der Rechte, über deren Vermarktung, bis hin zum Notendruck und weiteren administrativen Tätigkeiten. Die administrativen Tätigkeiten beziehen sich vornehmlich auf die Anmeldung bei den Verwertungsgesellschaften AKM und Austro-Mechana durch einen Wahrnehmungsvertrag. Die Verwertungsgesellschaften verpflichten sich zur treuhändigen Verwaltung der Rechte des Verlages.

Im Algemeinen lässt sich die Arbeit in zwei Bereiche unterscheiden (Vgl.: Baszler, 2003:41f):

- Die Verwertung der Rechte

- Das Papiergeschäft

1 Die Verwertung der Rechte

Hierbei geht eine Übertragung der Rechte vom Künstler an den Musikverlag voraus. Dieser Teil der Arbeit hat den größten Stellenwert eines Verlages. Der Künstler kann dabei aus schützenden Gründen allerdings nur einen Teil seiner Urheberrechte an den Musikverlag abtreten. Zu diesen Rechten zählen das Vervielfältigungsrecht, das Verbreitungsrecht, das Senderecht, das Vortrags-, Aufführungs-, und Vorführungsrecht, sowie das Zurverfügungstellungsrecht. (Vgl.: §§15-18a UrhG)

Aktiv wird der Musikverlag mit einem Verlagsvertrag: „Durch den Verlagsvertrag verpflichtet sich der Urheber eines Werkes der Literatur, der Tonkunst oder der bildenden Künste oder sein Rechtsnachfolger, das Werk einem anderen zur Vervielfältigung und Verbreitung für eigene Rechnung zu überlassen, dieser (der Verleger) dagegen, das Werk zu vervielfältigen und die Vervielfältigungsstücke zu verbreiten.“ (§ 1172 ABGB) In der Praxis geschieht dies entweder durch einen Originalverlagsvertrag, oder durch einen Subverlagsvertrag. Der Originalverlagsvertrag wird direkt zwischen dem Urheber eines Werkes und dem Verlag geschlossen. Der Urheber überträgt sodann die oben benannten Rechte. Der Subverlagsvertrag wird zwischen zwei Verlagen geschlossen. Der Grund hierfür ist oft die räumliche Begrenzung von Verlagen, da ein Verlag meist nur innerhalb eines Landes arbeitet. In Österreich ist dies insofern von großer Bedeutung, da hier lokal der Katalog anderer Verlage verwertet werden kann. (Vgl.: Kinder, 1990:54f)

Aus der Sicht des Urhebers gibt es zwei verschiedene Möglichkeiten wie das Urheberrecht einer dritten Partei eingeräumt werden kann. Entweder geschieht dies mit einer Werknutzungsbewilligung, wobei einzelne Urheberrechte an eine dritte Partei abgetreten werden, oder durch eine Einräumung eines exklusiven Werknutzungsrecht, wobei alle Urheberrechte übertragen werden. Im Falle von Verlagsverträgen wird in der Praxis eben jenes Werknutzungsrecht vom Urheber gegenüber dem Verlag eingeräumt. (Vgl.: AKM, )

2 Das Papiergeschäft

Dies ist die traditionelle Aufgabe des Verlages, welche heute nur mehr wenig von Bedeutung ist. Der Verkauf von Noten war früher ein essentieller Bestandteil um Interpreten dazu zu bewegen die Werke des Verlages aufzuführen oder zu spielen. (Vgl.: Baszler, 2003:42) Heutzutage ist gerade in der U-Musik diese Information leicht über das Internet abrufbar (Vgl.: zB.: The On-Line Guitar Archive:), meist in der vereinfachten Form von „Tabs.“ Dies ist allerdings keineswegs illegal, da es sich hier um Musiker handelt, welche die Werke selbst hören und im Anschluss transkribieren und die Spuren der Gitarre bzw. des Basses im Internet veröffentlichen.

2 A&R

A&R ist die Abkürzung für Artist and Repertoire. Betriebswirtschaftlich gesehen stellt die A&R Abteilung in gewisser Weise den Bereich der Forschung und Entwicklung dar, da es hier rein technisch um die Produktionsentwicklung neuer Produkte geht. Es lassen sich hierbei drei Möglichkeiten zusammenfassen wie dies durchgeführt werden kann:

- Eigene A&R Arbeit

- Bandübernahme

- Lizenzierung von anderen Labels

1 Eigene A&R Arbeit

A&R Manager zeichnen sich dadurch aus, als dass sie immer auf der Suche nach dem „neuen Star“ für ihr Label sind. Dieser neue Star soll dann unter Vertrag genommen werden um in weiterer Folge ein Album mit ihm aufzunehmen. Aus diesem Grund ist der A&R Manager damit beschäftigt sich ihm zugesandte Demos von Künstlern anzuhören und Konzerte von Talenten zu besuchen. Sobald der Künstler einmal „gesignt“ ist, so übernimmt der A&R Manager die Betreuung des Künstlers innerhalb des Labels. Bei der Auswahl der Acts wird darauf Wert gelegt, dass der Act auch ins Konzept des Labels passt. So spezialisieren sich viele Labels beispielsweise auf eine bestimmte Musikrichtung, welche auch oft mit einem bestimmten Image verbunden ist. Erfüllt der neue Act nicht die an ihm gestellten Anforderungen, so wird kein Vertagabschluss möglich werden. Das Risiko ist hierbei sehr hoch, da 70-80% der katalogisierten Künstler nicht einmal die Investitionskosten wieder hereinspielen. (Vgl.: Lyng, 2003: 139)

Der A&R Manager vollführt daher einen Drahtseilakt, da er den Hit finden muss, der die anderen mitfinanziert. Deswegen ist auch die „Inhouse-Promotion“ von großer Wichtigkeit. Hierbei geht es darum, dass der A&R Manager versucht das gesamte Label davon zu überzeugen, dass der neue Act Erfolg haben wird. Ist das Label einmal überzeugt, so steht dem Vertragsabschluss nichts mehr im Wege, und der A&R Manager konzentriert sich auf die Überwachung des Produktionsprozesses, wobei für die Produktion meist ein externer Produzent engagiert wird. Weiters ist der Kontakt zur Marketing Abteilung von großer Wichtigkeit, da hier sozusagen bereits in erster Instanz entschieden wird, ob der neue Titel von Erfolg gesegnet sein wird. (Vgl.: Smudits, 2000:40f)

2 Bandübernahme

Eine weitere Möglichkeit wie sich die Tonträgerfirma Rechte an Tonaufnahmen zusichern kann ist die Bandübernahme. Im Gegensatz zu vorher beschriebenen Methode trägt der Künstler das Risiko und die mit der Herstellung des Masters im Tonstudio verbundenen Kosten selbst. In diesem Fall wird das Risiko von dem Label auf den Künstler übertragen. Dies kommt oft vor, wenn wie im vorigen Abschnitt dargestellt, es dem A&R Manager nicht gelingen sollte sein Label von der Qualität des Künstlers zu überzeugen, und damit die notwendige finanzielle Unterstützung fehlt. Der daraus erwachsende Vorteil für den Künstler und den Produzenten ist eine höhere Tantiemenausschüttung im Vergleich zum vorher beschriebenen Modell.

Typisch für eine Bandübernahme ist auch die räumliche und zeitliche Abgrenzung, die im Vertrag festgelegt wird. So ist der vertragliche Zeitraum meist auf wenige Jahre beschränkt, allerdings sind oft Optionen für eine einseitige Vertragsverlängerung von Seiten der Labels verankert. Die räumliche Abgrenzung beschränkt sich bei kleinen Indie Labels meist auf das Inland, während bei größeren international tätigen Tonträgerfirmen sich das Feld auf mehrere Länder ausweiten kann, in denen das Produkt verkauft werden kann, z.B. der deutschsprachige Raum. (Vgl.: Gilbert, Scheuermann, 1999:1018-1084)

3 Lizenzierung von anderen Labels

Die Lizenzierung von Rechten an Tonaufnahmen ist z.B. dann bedeutend, wenn wie im vorherigen Abschnitt erläutert, der Vertragsgegenstand eines Labels räumlich begrenzt ist. Hat ein Label nicht die Kapazitäten den Künstler in einer anderen Region zu vermarkten und zu verkaufen, so wäre eine Lizenzierung gegenüber einem anderen Label möglich. Dies stellt für Labels eine einfache Möglichkeit dar, ihren Katalog mit Künstlern zu vergrößern, da das eingekaufte Produkt ja schon fertig ist. Weiters sind bereits Informationen über die Nachfrage nach dem jeweiligen Künstler vorhanden, wodurch das Risiko gesenkt und die Kalkulierung der Kosten vereinfacht wird.

3 Produktion

Sobald die Rechte an Tonaufnahmen einmal gesichert sind, kann mit der Erstellung eines Produktes begonnen werden. Um dies zu bewerkstelligen, organisiert die Tonträgerfirma die Tonträgerproduktion. In der Praxis wird hierzu ein externer Produzent engagiert, der diesen Ablauf kontrolliert und voran treibt. (Vgl.: Baszler, 2003:61)

1 Der Job des Produzenten

Produzenten waren früher Angestellte der Tonträgerfirmen, die nur für die reibungslose, schnelle und möglichst kostengünstige Abwicklung der Produktion zuständig waren. Heutzutage ist er auch in den kreativen Prozess involviert und kann den Künstler auch helfen das Produkt zu verbessern, zu perfektionieren. Oft bestimmt er auch in welchen Tonstudios die Aufnahmen, der Mix und das Mastering stattfinden sollen, und welche Tontechniker ihm dabei zur Hand gehen sollen. Dies ist insofern wichtig, da der Produzent oft seine Fähigkeiten nur dann ausschöpfen kann, wenn er über das entsprechende Equipment und das richtige Know-how der Tontechniker verfügen kann. Natürlich muss diese Abstimmung gemeinsam mit der Tonträgerfirma erfolgen, sofern sie die Kosten dafür trägt.

Aus der Sicht des Labels ist es von großer Wichtigkeit, dass der Produzent über die nötige Reputation und Erfahrung verfügt. So ist es viel einfacher das Produkt zu platzieren, wenn es von einem namhaften Produzenten produziert wurde. Viele der größeren Radiosender orientieren sich beispielsweise sehr stark am Namen des Produzenten. Dadurch schafft der Produzent von sich aus es auch wieder leichter einen Hit zu generieren. Dass die Bezahlung eines namhaften Produzenten einen höheren Preis hat als ein Newcomer ist natürlich selbstredend. Es gilt also für die Tonträgerfirma diesen Trade-off zwischen Reputation des Produzenten und der Kostengünstigkeit der Produktion abzuwägen.

2 Die Vergütung des Produzenten

Da der Vertrag mit dem Produzenten frei gestaltet werden kann, ist die jeweilige Vergütung des Produzenten vom Verhandlungsgeschick der beiden Parteien abhängig. Für jeden verkauften Tonträger erhält der Produzent einen Lizenzsatz. Die Basis zur Lizenzberechnung ist entweder der Händlerabgabepreis, der Einzelhandelsverkaufspreis, oder der Großhandlespreis. So liegt die Höhe der Lizenzen in etwa zwischen drei bis fünf Prozent vom Händlerabgabepreis, beziehungsweise in ähnlichen Dimensionen bei einer jeweils anderen Basis. Diese Lizenzen werden im Regelfall auf alle effektiven Inlands- und Auslandsverkäufe bezahlt, wobei bei Auslandsverkäufen, Verkäufen durch Schallplattenclubs beziehungsweise Mail-Order, Verkäufe durch dritte Lizenznehmer, sowie Verkäufe von Auskoppelungen nur ein Teil des vereinbarten Anteils ausbezahlt wird. Weiters wird von den Lizenzen die Ausgaben für die Verpackung abgezogen, wobei dies bei Digi-Packs bis zu einem Achtel des Preises ausmachen kann.

Im Normalfall wird auch ein Vorschuss gewährt. Das Label wird hierbei versuchen den Vorschuss mit den Lizenzen gegen zu verrechnen, wobei diese Methode bei erfahreneren Produzenten kaum möglich ist. Bei Newcomern wird das Label auch versuchen die Lizenzen gegen die Produktionskosten, im Extremfall sogar gegen die Marketingkosten, zu verrechnen. (Vgl.: Lyng, 2003:40ff)

3 Der Job des Labels

Nachdem der Master fertig vorliegt wird das Label, sofern entsprechende Rechte dafür eingeräumt wurden, bestimmen welche Tracks auf den auf dem Tonträger aufscheinen sollen und in welcher Reihenfolge sie platziert werden. Falls die Rechte auch für das Artwork gewährt wurden wird im Anschluss ein Grafiker engagiert, welcher dem Album das richtige Aussehen verleihen soll.

Neben dieser Erstverwertung spielen auch die Zweit- und Drittverwertung eine wesentliche Rolle. Hierbei handelt es sich vornehmlich um „Best of“ Produktionen und „Compilations“, wo bereits produziertes Material ein weiteres Mal verkauft werden soll. (Vgl.: Baszler, 2003:61)

4 Herstellung

Nachdem der Produktionsvorgang abgeschlossen ist, wird der fertige Master, der im Aufnahmestudio produziert wurde, vom Label vervielfältigt. Presswerke vervielfältigen physische Tonträger, wobei vor allem CDs, MCs und LPs den eindeutigen Großteil ausmachen. Nichtphysische Formate wie mp3 sind in ihrer Herstellung deutlich einfacher und sind in fast jedem computerisierten Haushalt herstellbar und abspielbar. Da die CD aber weiterhin das führende Format zum Konsum von Musik ist, wird an dieser Stelle kurz am Beispiel der CD erklärt wie Presswerke arbeiten.

Zuerst wird der Glas-Master hergestellt, indem eine Glasplatte mit einer Fotoschicht bedeckt und mit einem Laserstrahl belichtet wird. Danach wird das vernickelte Glasmaster wird erneut mit Nickel galvanisiert, der zum pressen der CDs benötigt wird. Nachdem die Pressung abgeschlossen ist, werden die CDs mit dem vorgegeben Layout bedruckt, und nach Auftrag verpackt. (Vgl.: Novon, )

5 Marketing

Das Marketing zählt zu den wichtigsten Aufgaben eines Labels denn Hauptaufgabe einer Tonträgerfirma ist es nun einmal Tonträger zu verkaufen. Das Ziel welches hierbei angestrebt wird, ist eine Steigerung der Nachfrage nach den jeweiligen Veröffentlichungen aus dem Katalog. Im Mittelpunkt steht dabei die Verkaufsmaximierung, die durch effiziente Absatzpolitik erreicht werden soll. Es handelt sich also nicht um eine direkte Form der Unternehmensführung, in welcher der Gewinn maximiert werden soll, sondern nur um die Veräußerungsfunktion. Um diese Funktion in weiterer Folge zu gewährleisten, muss die Tonträgerfirma die Präferenzen der Konsumenten kennen. Allerdings ist es auch möglich durch die modernen Instrumente des Marketings, dass die Präferenzen nicht nur erkannt werden, sondern beeinflusst oder sogar erst erzeugt werden. Falls dies gelingen sollte, hat die Tonträgerfirma ein gewisses Maß an Produzentensouveränität, sie bestimmt also zum Teil auch mit wonach der Konsument nachfragt.

Bevor mit der Erstellung eines Konzepts, wie den die Tonträger nun verkauft werden sollen begonnen werden kann, muss einmal klar gemacht werden, wer potentieller Kunde für das jeweilige Produkt sein könnte. Sobald die Zielgruppe einmal eingegrenzt ist, kann das Label sich überlegen wie sie diese Gruppe dazu bringt das Produkt zu kaufen. Hierbei ist es allerdings nicht zwingend notwendig, dass alle Individuen dieser Gruppe beworben werden, sondern oft reicht es nur die „Meinungsmacher“ anzusprechen. Diese Meinungsmacher sind in erster Linie Vertreter der Medien, über die das Produkt beworben wird, aber auch andere wichtige Personen, die Einfluss auf den Erfolg des Produktes nehmen, wie unter anderem der Handel oder Künstleragenturen. In diesem Sinne ist es auch von großer Bedeutung die Kontakte zu diesen Institutionen zu pflegen. (Vgl.: Conen, 1995:92ff)

Die „klassische“ Lehre des Marketings lässt sich in vier Teile untergliedern, wodurch der Erfolg des Produktes erreicht werden soll. Diese Teile sind bekannt unter dem Namen „Die 4Ps des Marketing“, die da wären:

- Product

- Price

- Place

- Promotion

1 Product

Zuerst wird das Programmangebot an sich bestimmt. Die Tonträgerfirma muss sich hierbei entscheiden, ob sie zum Beispiel alle Genres, oder nur ganz bestimmte Stilrichtungen in ihren Katalog aufnimmt. Diese Entscheidung ist vor allem langfristig von Bedeutung, da Labels, die genrespezifisch gegründet wurden, ihre Glaubwürdigkeit verlieren, wenn sie andere kommerziell erfolgreichere Genres beginnen aufzunehmen.

Sobald man sich auf ein bestimmtes Programm geeinigt hat, kann mit der Produktpolitik begonnen werden. Hierbei geht es in erster Linie um die Ausgestaltung des zu verkaufenden Produkts. Ziel hierbei ist die Substituierbarkeit des eigenen Produktes gegenüber anderen Erzeugnissen zu minimieren. In der Praxis geschieht dies durch die Etablierung bestimmter Markennamen, die Einzigartigkeit versprechen sollen. Sollte dies nicht gelingen, so bleibt der Tonträgerfirma nur mehr die Möglichkeit ihre Produkte billiger als die Konkurrenz zu verkaufen, wodurch die Erzielung eines Gewinns jedoch schwierig bis unmöglich wird. Aus diesem Grund versucht die Tonträgerfirma das eigene Produkt zu differenzieren. Man unterscheidet hier zwischen vertikaler und horizontaler Produktdifferenzierung.

Die vertikale Produktdifferenzierung schließt an objektive Unterschiede an, wie zum Beispiel die Qualität. Da die Qualität bei Musik aber auch mit dem individuellen Geschmack gekoppelt ist, ist hier eine Differenzierung schwierig. So werden heute auch noch „Lo-Fi“ Alben, also Alben deren akustische Qualität durch einfachere Produktion schlechter ist, gezielt nachgefragt. Die Differenzierung auf diesem Gebiet erfolgt meist durch die „Ausstattung“ des Produktes. So wird auf der einen Seite am technischen Format gearbeitet: Durch Medien wie zum Beispiel DVD können zahlreiche zusätzliche Bonusmaterialien wie Konzertmitschnitte oder Musikvideos problemlos hinzugefügt werden, im Gegensatz zur CD. Auf der anderen Seite versuchen viele Labels durch herausstechendes Artwork, oder zusätzliche Angebote, wie Eintrittskarten für kommende Konzerte, auf das jeweilige Produkt aufmerksam zu machen.

Die horizontale Produktdifferenzierung zielt auf die subjektiven Unterschiede ab, also hier auf den individuellen Geschmack. In erster Instanz versuchen Tonträgerfirmen eine Substitution durch bestimmte Musikstile zu verhindern. In zweiter Instanz wird versucht den Künstler selbst gegenüber anderen Künstlern abzugrenzen und einzigartig zu präsentieren. Typisch für die Musikwirtschaft ist hier der „Bandwaggon-Effekt.“ Dieser ökonomische Begriff beschreibt Nachahmungsprozesse, sobald ein einzigartiger, nicht substituierbarer Künstler hohe Gewinne einbringt. Da der Künstler „auf einer Welle des Erfolges“ schwimmt, wollen andere Konkurrenten auch einen Teil der erwirtschafteten Produzentenrente für sich beanspruchen, und springen auf „diesen Zug“ auf bis dieser Erfolg erloschen ist. (Vgl.: van Hoff, Mahlmann, 2005:133f)

2 Price

Die Preissetzung ist für Unternehmen sehr wichtig, da im Normalfall ein geringeres Preisniveau zu einem Zusatz an Verkäufen führt. Beim Verkauf von CDs gibt es in der Musikwirtschaft standardisierte Preise. Diese Standards reichen vom teuren Fullprice über den Midprice bis hin zu günstigen Budgetverkäufen. Diese Standards gehen einheitlich von den Majors aus, wohingegen Indies Preisnehmer sind, da ihr Einfluss auf den Markt im Vergleich zu den Majors bescheiden ist.

Es gibt verschiedene Strategien wie die Preispolitik eines Labels aussehen kann. So wird beim „Penetration Pricing“ ein niedriger Anfangspreis gesetzt um das Produkt den ersten Käufern schmackhaft zu machen. Falls diese Strategie von Erfolg gekrönt ist, so winkt mitunter sogar eine Platzierung in den Charts, wodurch es leichter wird das Produkt auch in den Medien zu platzieren und dadurch der Preis wieder steigt. Allerdings ist hierbei zu beachten, dass es vorgeschriebene Mindestlistenpreise (€3,50 für Single/Maxi, €8,50 für ein Album, €9,40 für eine DVD) für die Aufnahme in die Charts gibt. Eine andere Strategie zur Festlegung der Preise ist das „Skim-the-cream-pricing“, wo mit einem hohen Anfangspreis begonnen wird, der nach und nach sinkt. So wird oft mit dem Fullprice angefangen, der mit der Zeit auf das Midpriceniveau fällt und sogar bis hin zum Budget sinken kann. (Vgl.: van Hoff, Mahlmann, 2005:136f)

3 Place

Dieser Teil des Marketings beschäftigt sich mit der Vertriebsfunktion, welche den Verkauf an Händler und die Werbung des Produktes am „Point of sale“ beinhaltet. (Smudits, Gebesmair, 2000:42) Gegenüber den Händlern werden Rabatte, Boni, etc. gewährt, die die Leistungen des Handelspartners honorieren sollen. Diese Vergünstigungen gegenüber den Abnehmern werden einmal jährlich bei den Konditionsvereinbarungen vereinbart, wobei Großhandelsketten versuchen diese Erleichterungen an die Kunden via niedrigerer Preise weiter zu geben. (Vgl.: van Hoff, Mahlmann, 2005:137)

4 Promotion

Promotion ist die wichtigste Marketingfunktion in der Musikwirtschaft. Aus diesem Grunde ist sie meist auch organisatorisch von der restlichen Marketingabteilung getrennt. Es handelt sich dabei um einen redaktionellen Einsatz der Tonträgerfirma, die unentgeltlich ist. Hierbei wird der Kontakt mit den Massenmedien gepflegt, welcher auch Bedingung für den Erfolg des Produktes ist. Am wichtigsten sind hier die Kontakte zu den Fernsehanstalten und den Radiovertretern, die in ihren Sendungen das Produkt oder den Künstler direkt vorstellen. Da es sich hier nicht um eine „direkte“ entgeltliche Bewerbung handelt, ist Promotion auch sehr glaubwürdig für den Konsumenten. Weitere wichtige Instrumente der Promotion sind Medien wie das Internet oder Printmedien, aber auch Konzerte des Künstlers und Vorstellungen in Discotheken.

Von Promotion klar zu trennen ist Werbung, welche auch einen wichtigen Stellenwert einnimmt. Werbung ist, im Unterschied zu Promotion, entgeltlich und wird auch direkt von der Marketingabteilung geplant und organisiert. Werbung kann Promotion allerdings nicht ersetzten, sondern soll Promotion unterstützen und wird deshalb auch zeitlich auf einander abgestimmt. Es sei allerdings auch erwähnt, dass durch die Information, die der Konsument erhält, nicht nur die Verkäufe, sondern auch die illegale Beschaffung von Musik verstärkt wird. (Vgl.: van Hoff, Mahlmann, 2005:138f)

6 Distribution

Nachdem der Marketingplan in die Tat umgesetzt wird gelangt das Produkt in den Verkaufskanal. Hierbei haben sich mit der Zeit zwei verschiedene Systeme heraus entwickelt: Auf der einen Seite die großen Vertriebssysteme der Majors, und auf der anderen Seite kleinere unabhängige Organisationen, die vor allem die Kanäle abseits des Mainstream bedienen mit Musikrichtungen wie zum Beispiel Heavy Metal oder Dancefloor. (Vgl.: Kornmeier, 1999:1107) Für die weitere Betrachtung werden diese kleinen Vertriebssysteme allerdings aufgrund der Differenziertheit und des relativ kleinen Einflusses in der Musikwirtschaft ausgeklammert.

Im Majorbereich hat sich im Zeitablauf eine feste Struktur im Vertriebsbereich heraus entwickelt. Diese Struktur setzt sich zusammen aus den Abteilungen:

- Retail

- Key Accounting

- Customer Service

- New Channel

- Sales Marketing

Der Bereich des Retail umfasst prinzipiell den Außendienst vor Ort, im Normalfall im Fachhandel. Hierbei wird der Kunde informiert über die Verkaufsstrategie des Labels und das Handelsmarketing der zu verkaufenden Produkte.

Der Key Accounter arbeitet grundsätzlich mit den gleichen Informationen. Allerdings betreut er nicht die Outlets oder den Einzelhandel, sondern kommuniziert lediglich mit dem Top Management von Filialketten oder Großhändlern.

Der Customer Service beschäftigt sich einerseits mit der Bearbeitung eingehender Serviceanfragen, und andererseits mit dem Telefonverkauf an die Händler.

Der New Channel ist ein strategischer Teil des Vertriebwesens. Er sucht nach Möglichkeiten den Distributionskanal auszuweiten und somit neue Märkte zu erschließen. Als Beispiele sind hier zu nennen der Verkauf von CDs im Lebensmittelhandel, Supermarktketten oder in Fast Food Restaurants.

Das Sales Marketing ist die Verbindung von der Marketingabteilung zur Vertriebsabteilung. Der erstellte Marketingplan soll hier in der Vertriebspolitik Einhalt bekommen und umfasst sämtliche Kanäle und Stufen der Distributionskette.

Innerhalb dieses Systems kann man noch zwischen verschiedenen Ausformungen der Betreuung unterscheiden. So wird bei einer zentralen Betreuung nur die Konzernleitung und bei der dezentralen Betreuung lediglich die Outlets oder Einzelhändler betreut. Darüber hinaus wird noch in direkte Betreuung, welche durch das Label selbst durchgeführt wird, und in indirekte Betreuung durch die Großhändler unterschieden. Daraus ergeben sich folgende Modelle der Betreuungsleistung:

- Dezentrale Direktbetreuung: Hierbei wird der Fachhandel oder die Filiale über den Außendienst oder über Telefon von dem Label betreut.

- Zentrale Direktbetreuung: In diesem Fall kommuniziert der Key Accounter mit der Leitung mehrerer Einzelhandelskonzerne, aber auch mit Versendern wie Club-, Versand-, oder Onlinehändler.

- Indirekte Betreuung: Hier werden Großhändler, welche Filialbetriebe und Einzelhändler beliefert, mit Informationen versorgt, da sich eine direkte Betreuung nicht rentieren würde. Die Informationen beschränken sich dabei auf die wesentlichen Elemente wie zum Beispiel Chartplatzierungen des Sortiments.

- Mischformen: Diese Mischformen finden sich vor allem bei umsatzstarken Einzelhändlern und umfassen sowohl Filial- als auch Managementbetreuung. (Vgl.: Caspar, Mucha, 2005:157ff)

7 Einzelhandel

Die Grundfunktion des Einzelhandels ist der Verkauf an den Konsumenten. Bevor die Artikel aber verkauft werden können, müssen sie bestellt und in die betriebliche Logistik erfasst werden. Neuveröffentlichungen werden dabei idealtypischerweise manuell bestellt, wogegen die Nachbestellung älterer Artikel automatisch über die EDV erfolgt. Da vor allem Majors einen großen Backkatalog haben, ist die Anzahl der regelmäßig auftretenden Bestellungen dementsprechend hoch.

Sobald die Bestellungen eingegangen sind und ordnungsgemäß erfasst wurden, werden einzelne Titel, vor allem Neuveröffentlichungen, am „Point of sale“ beworben. Dies geschieht normalerweise durch Promotionmaterial wie zum Beispiel Poster, aber auch durch „Abhörstationen“, an welchen sich der potentielle Kunde gleich einen Eindruck von der Ware machen kann. Greifen diese Werbungsmaßnahmen, so wird nun endgültig das Produkt an den Endverbraucher verkauft. (Vgl.: Baszler, 2003:84f)

3 Der Begriff der U-Musik

Musik stellt sich als „particular organisation of sound“ (Frith, 1993:1) dar. Typisch für U-Musik, auch populäre Musik oder Unterhaltungsmusik genannt, ist die Produktion in Bands oder durch Einzelmusiker die in dem industriellen Prozess der Fertigung als Tonträger verwertet wird. (Vgl.: Tagg, 1979:20) Abgrenzen lässt sich U-Musik von ernster Musik (E-Musik). Unter ernster Musik, oder klassischer Musik, wird eine Sprache verstanden, deren musikalischer Inhalt sich als künstlerisch formal und programmatisch komplex darstellen lässt, wogegen Unterhaltungsmusik, oder leichte Musik, vordergründig auf die Präferenzen der Konsumenten ausgerichtet ist. (Wahl-Ziegler, 1978:18) Gewählt wurde diese Form der Abgrenzung zwischen E-Musik und U-Musik, da Tonträgerunternehmen oft damit ihr Geschäftsfeld charakterisieren und Rundfunkanstalten ihr Programm kategorisieren. (Vgl.: Kröber, 1997:707)

In dieser Arbeit werden alle Musikrichtungen als U-Musik erfasst, außer E-Musik (wie zum Beispiel Klassik und verwandte Formen der Klassik wie Kirchenmusik), aber auch Chansons und Musik, die in Filmen verwendet wird (F-Musik). Eine Unterscheidung in den Bereichen Jazz, Blues und Weltmusik in U-Musik und E-Musik erfolgt nicht; diese Richtungen werden der Einfachheit halber gesamtheitlich zur U-Musik gezählt.

Im Katalog der Majors sind prinzipiell alle wirtschaftlich verwertbaren Genres enthalten. Die Indies hingegen zeichnen sich oft dadurch aus, als dass sie sich auf ein spezielles Genre konzentrieren. In unserem Fall werden demnach nur Indie Labels, welche sich auf einen Bereich der U-Musik spezialisiert haben näher betrachtet.

Gewählt wurde dieses breite Spektrum der U-Musik, weil es sowohl national als auch international das erfolgreichste ist, und kein „Nischenprodukt“ ist, sondern allgemein bekannt und zugänglich. Auch internationale Vergleiche mit anderen Staaten werden dadurch möglich, allerdings nur in Staaten, welche ähnliche Gegebenheiten wie Österreich vorweisen.

4 Der österreichische Markt

Als beispielhafter Untersuchungsraum soll in dieser Arbeit Österreich dienen. Es wäre hierbei allerdings nicht zielführend, wenn der Markt von der produktionsseitigen Richtung analysiert würde, da es hier zwischen Majors und Indies frappante Unterschiede gibt, sodass ein Vergleich keinen Sinn mehr macht. Vielmehr soll der absatzseitige Teil untersucht werden, oder mit anderen Worten, das Produkt, welches verkauft werden soll. Daher soll sich auch bezüglich der rechtlichen Verwertung der Markt hier auf Österreich begrenzen, wobei die rechtliche Verwertung sehr wohl aus anderen Staaten hinzugekauft werden kann. So könnte zum Beispiel ein Label die Rechte zur Verwertung für Österreich einem anderen Label abkaufen, da dies nicht in der Lage ist es selbst zu tun. Aus dieser Konstellation ergibt sich, dass das internationale Repertoire auf das nationale trifft, was eine reizvolle Untersuchung verspricht.

3 Überblick über die Arbeit

Diese Arbeit gliedert sich wie folgt: In Kapitel 2 wird die Stellung der Majors in der Musikwirtschaft analysiert. Darauf wird selbiges für die Indies folgen, wobei auch die ersten Gemeinsamkeiten, Unterschiede und Zusammenhänge zwischen den beiden Organisationsformen erörtert werden. Im Anschluss daran werden einige Modelle aus der Industrieökonomie auf den Musikmarkt angewendet die dabei helfen werden diesen Markt und die Marktverhältnisse besser zu verstehen. Auf die Modelle folgt sodann eine Quantifizierung der Marktverhältnisse in Österreich. Eine Zusammenfassung der Ergebnisse und Schlussfolgerungen, sowie ein Ausblick über die mögliche Zukunft der Musikindustrie bilden den Inhalt des abschließenden Kapitels.

Majors

Unter dem Begriff Majors werden die großen international tätigen Tonträgerfirmen verstanden. In den letzten Dekaden kam es vermehrt zu Konzentrationsprozessen und dadurch zu einer Oligopolisierung in diesem Markt. Nach einer Reihe von Zusammenschlüssen sind heute vier Majors weltweit aktiv: Universal Music, SonyBMG Music Entertainment, EMI Music und Warner Music.

Dieses Kapitel teilt sich wie folgt auf: Im ersten Teil wird die Arbeit der Majors in der Wertschöpfungskette betrachtet. Danach wird die Organisations- und Kostenstruktur beleuchtet, woraus sich ein erster Einblick ergibt weshalb es zu einer Zentralisierung in diesem Markt kam. Abschließend wird die Marktstruktur und die Präsenz der Majors in Österreich erörtert.

1 Die Strategie der Majors

Abbildung 2: Der Anteil der Wertschöpfungskette der Majors. Quelle: Tschmuck, 2005:1

Die Majors sind in der gesamten Wertschöpfungskette vertreten, allerdings verschieden stark. Die Bereiche in denen sie teilhaben sind:

- Das Verlagswesen

- Das A&R

- Die Produktion

- Die Herstellung

- Das Marketing

- Die Distribution

- Der Einzelhandel

1 Das Verlagswesen der Majors

Der Musikverlag ist bei den Majors integriert. Diese Vorgehensweise ist insofern geschickt gewählt, als dass die Lizenzierung von anderen Labels sich oft als sehr kostspielig erweisen kann, vor allem wenn der Künstler bereits bekannt ist bzw. kurz vor dem Durchbruch steht. Die Verwertung der Rechte erfolgt bei den Majors großteils über mediale Strukturen wie Radiostationen oder Fernsehen, aber auch mit renommierten Musikveranstaltern.

2 Das A&R der Majors

Auf der Suche nach neuen Talenten und neuen Stars legen die Majors viel Wert darauf ob der Act für den Massenmarkt geeignet ist. Künstler, die Musikstile praktizieren, die diese Anforderungen nicht erfüllen, haben daher nur Chancen, wenn sie sich in ihrer Szene bereits etabliert haben und der Käuferkreis bereits groß genug ist. Vor allem im Bereich des Heavy Metal und in weiten Teilen der elektronischen Musik gelten diese Vorgangsweisen der Majors.

Ein weiterer Punkt ist, dass es für einen neuen Künstler nicht ausreicht talentiert zu sein um zu einem „Major Deal“ zu kommen. Die Majors erhalten duzende Demos pro Jahr, weswegen Künstler mit einem direkten Kontakt bessere Chancen auf einen Kontrakt haben. Der künstlerische Fokus liegt hierbei entweder auf der Einzigartigkeit der Produktion (oftmals ist der Gesang entscheidend), oder der Major erkennt Parallelen zu einem Trend, den er mit dem jeweiligen Künstler für sich nützen kann.

Weiters ist Live Erfahrung für einen Major von Bedeutung. Kann der Künstler die Musik auch auf der Bühne gut umsetzen, so ist dies eine gute Promotion für künftige Tonträger. Außerdem verspricht ein Künstler, der viele Konzerte gibt, auch längerfristig Erfolg zu haben, da er sich durch das touren eine treue Fanbasis aufgebaut hat. Ferner ist auch die Eigenkomposition der vorgetragenen Titel ein Erfolgsversprechen für die Zukunft, da man hier davon ausgehen kann, dass hier noch weitere Stücke folgen werden. (Frascogna, Hetherington, 2004:121f)

3 Die Produktion der Majors

Die phonografische Industrie zeichnet sich prinzipiell dadurch aus, dass sie sich um die Verwertung produzierter Musik kümmert und weniger um die Produktion an sich. Die Majors nehmen aber dennoch großen Einfluss auf die Produktion, da sie engen Kontakt mit namhaften Produzenten pflegen. Außerdem wird von Major Labels häufig ein Künstlerexklusivvertrag mit dem jeweiligen Act unterzeichnet. Ein Künstlerexklusivvertrag beinhaltet meistens einen fixen Betrag den der Künstler im Voraus bekommt, dafür ist jedoch die Vergütung pro verkauften Stück durch Tantiemen geringer als bei einer Bandübernahme. Daraus lässt sich erkennen, dass sich die Tonträgerfirma stärker in den Produktionsprozess involviert. Dies äußert sich z.B. dadurch, dass die Tonträgerfirma auch die Studiokosten bei einem Künstlerexklusivvertrag übernimmt.

Bei der Produktion selbst wird viel Wert auf einen speziellen, einzigartigen Sound gelegt, der den Wiedererkennungswert der Produktion steigern soll. (Vgl.: Bennett, 1980:4) Dieser Sound entsteht meist in teuren Studios, welche auch über das nötige hochwertige Equipment verfügen.

4 Die Herstellung bei den Majors

Dies geschieht bei Major Labels intern, da die Presswerke, die nur durch eine hohe Anzahl an Aufträgen gewinnbringend geführt werden können und steigende Skalenerträge aufweisen, in den Händen der Majors liegen. Die Herstellung nicht-physischer Formate wie mp3 ist relativ simpel über einen handelsüblichen Personalcomputer realisierbar und ist daher auch sehr günstig. Führendes Format ist aber derzeit noch die CD.

5 Das Marketing der Majors

Beim Marketing ist zu Beginn wieder wichtig, ob es sich um eine schlichte Bandübernahme handelt, oder ob ein Künstlerexklusivvertrag abgeschlossen wurde. Falls letzteres der Fall ist, beginnt Marketing bereits vor der Produktion um den Künstler bereits in das erstellte Marketingprogramm einzubetten und die passenden Tracks aussuchen, die auf den Tonträger letztlich verewigt werden. (Lathrop, Pettigrew, 1999:38f) Hier ist eine enge Zusammenarbeit mit dem A&R unerlässlich, denn Image, Künstler und Musik müssen zusammenpassen.

Nach Fertigstellung der Produktion werden Radio- und Fernsehstationen sowie Print- und Internetmedien mit entsprechenden Ton- bzw. Videomaterial zur Bemusterung beliefert. Dies ist im Majorbereich relativ einfach, da hier auf länger bestehende Kontakte zurückgegriffen werden kann. Sollte es dadurch gelingen den Künstler sogar in den Charts zu platzieren, so verstärkt dies Verkäufe und „Airplays“ in Radio und Fernsehen noch weiter, und die Wahrscheinlichkeit einen Hit zu landen wird somit auch größer.

6 Die Distribution der Majors

Wie auch in den Bereichen zuvor können die Majors hier von ihren gefestigten Kontakten profitieren. Alle Majors zeigen im Vertrieb im wesentlichen die selbe Struktur auf, die in Kapitel 1.2.2.6 beschrieben wurde. Unterschiede gibt es lediglich in der Zuordnung des digitalen Geschäftsbereichs innerhalb oder außerhalb der Vertriebsabteilung, und ob länderübergreifende (z.B. deutschsprachiger Raum) oder schlicht nationale Formen der Organisation gewählt wurden. (Vgl.: Caspar, Mucha, 2005:157)

Die Distributionskanäle gelten auch als einer der Stärken der Majors. So kann durch die Nutzung des Vertriebes einen Majors eine Mehrzahl an Käufern erreicht werden, da die Strukturen bereits lange bewährt sind und sich als funktionierend herausgestellt haben. (Vgl.: Gebesmair, 1999:41)

7 Der Einzelhandel der Majors

Der Einzelhandel stellt das Ende der Wertschöpfungskette in der Musikwirtschaft dar. Die Major Labels versuchen auch in diesem Markt mit ihren eigenen Outlets am Markt teilzunehmen, um sich auch in diesem abschließenden Bereich einen Teil der Produzentenrente zu sichern. Da die Konkurrenz in diesem Bereich natürlich höher ist, ist der Einfluss der Majors in diesem Bereich deutlich geringer als bei den vorgegangenen Teilen der Wertschöpfungskette.

2 Organisations- und Kostenstruktur

Die Majors sind in den letzten Jahren in eine Krise geschlittert, die sie bis heute in Atem hält. Sinkende Verkaufszahlen und damit rückläufige Umsätze sind die Konsequenz aus vermehrten Raubkopieren und der Nutzung illegaler Tauschbörsen im Internet, so die Meinung der Majors. (Vgl.: IFPI, ) In diesem Kapitel soll gezeigt werden wie die Majors organisiert sind, wie sich ihre Kosten verteilen und durch welche Strategie sie den Thron in diesem Markt eroberten, der nun gehörig wackelt.

Die Geschichte der Majors zeigt eine Vielzahl von Übernahmen, Fusionen und Beteiligungen um weitere Marktanteile zu erschließen. Durch diese Politik gelang es alle Teile der Wertschöpfungskette abzudecken. So konnten zu den bereits vorhandenen Ebenen (zum Beispiel der Verlag BMG Publishing) eine Reihe von Indie Labels (die vor allem das A&R übernahmen) Firmen zur Herstellung (zum Beispiel Sonopress in Gütersloh von Sony BMG), Distributionsfirmen (zum Beispiel WEA von Warner) oder Einzelhändler (zum Beispiel Virgin Mega Store von EMI) in die Organisation hinzugefügt werden. (Vgl.: Smudits, 2000:72) Tabelle 1 fasst die Oligopolisierung in dieser Branche zusammen.

|Jahr |Aktivität |

|1980 |Fusion EMI / Thorn Electric Industries |

|1986 |Gründung BMG nach Kauf von Arista (1979) und RCA |

|1988 |Sony kauft CBS Records |

|  |Warner kauft Teldec |

|1989 |Polygram kauft Island Records und A&M Reords |

|  |EMI kauft 50% an Chrysalis |

|  |BMG kauft Miller |

|1990 |MCA Records kauft Geffen und GR |

|1991 |EMI kauft restliche 50% an Chrysalis |

|  |Polygram kauft Decca |

|1992 |Thorn EMI kauft Virgin Records |

|1993 |Polygram kauft Motown Records |

|1994 |Thorn EMI kauft Intercord |

|1995 |Seagram kauft 80% an MCA Records |

|  |Polygram kauft Rodven Records |

|1996 |Thorn und EMI trennen sich |

|1998 |Seagram übernimmt Polygram |

|  |EMI kauft Prioritiy Records |

|2000 |Aus Seagram entsteht Vivendi Universal |

|2002 |BMG kauft Zomba Records |

|2003 |Fusion zwischen BMG und Sony Music |

|  |TimeWarner verkauft Warner Music an Bronfman Group |

Tabelle 1: Konzentration in der Musikindustrie seit 1980. Quelle: Steinkrauß, 2005:29

Die Majors sind Teil von Konzernen in welchen sie aber nur eine wirtschaftliche Nebenrolle spielen. So ist beispielsweise der Marktführer Universal Music Austria eine Tochterfirma der Universal Music Group, die wiederum Teil der Universal Group (zu der unter anderem die Universal Studios, Universal Pictures, Universal TV Networks und die Universal Theme Parks gehören) ist, und die wiederum einen Bestandteil von Vivendi Universal ausmacht. (Vgl.: Universal Music Austria GmbH, ) Für Sony BMG und Warner gilt ähnliches, einzig die EMI Group besteht aus dem Tonträgerunternehmen und dem noch organisatorisch getrennten Verlag. Wichtig hierbei ist vor allem die Vernetzung zwischen anderen Medienunternehmen, wodurch eine mehrmalige Verwertung der Produkte möglich wird. Tabelle 2 verdeutlicht den Anteil der Majors innerhalb ihrer Konzernstruktur.

| |Umsätze |Umsätze Konzern |Umsatzanteil an Konzern |

|Universal Music Group |4893 Mio. € (2005) |19,484 Mio. € (2005) |25,1% |

|Sony BMG Music Entertainment |2128 Mio. € (2005) |17,890 Mio. € (BMG) + 64 Mrd. € |11,9% (BMG) |

| | |(Sony) |+ 0,03% (Sony) |

|EMI Group |2079,9 Mio. Pfund (2006) |2079,9 Mio. Pfund (2006) |100% |

|Warner Music Group |3502 Mio. $ (2005) |43653 Mio. $ (2005) |9,7% |

Tabelle 2: Die Struktur der Majors im internationalen Umfeld. Quelle: Universal Music Group Key Figures, Bertelsmann Geschäftsbericht 2005, Sony USA, corporate fact sheet, EMI Annual Report 2006, Time Warner annual report.

Typisch für die Majors ist, dass sie sich sowohl zentral als auch dezentral organisieren. So unterhält jeder Major viele einzelne Labels, die dezentral und unabhängig ihren Aufgaben nachgehen. So besitzt beispielsweise Sony BMG unter anderem die Labels Arista Records, Burgundy Records, Columbia Records, Epic Records, J Records, Jive Records, LaFace Records, Legacy Recordings, RCA Records, Sony BMG Nashville, SONY BMG Masterworks, Sony Urban Music, Sony Wonder, Verity Records. (Vgl.: Sony BMG Music Entertainment, ) Diese Labels werden vor allem in Nischenbereichen bevorzugt, da hier der Kontakt zur Szene durch kleine Labels besser gepflegt werden kann. Derartige Indie Labels werden zum Teil von den Majors aufgekauft, aber auch selbst von den Majors gegründet. Es gibt aber nicht nur die komplette Integration eines Indies, sondern auch unterschiedliche Formen der Kooperation zwischen Indies und Majors (zum Beispiel Joint Ventures). Am Wichtigsten ist jedoch die Nutzung des Vertriebskanals der Majors. Oft können Indies nur überleben, da sie einen Vertrag mit einem Major eingegangen sind, welcher den Vertrieb gewährleistet, da bei alternativen Betriebsformen die Gefahr eines Betruges relativ hoch ist. Der Major hat hierbei einen gewissen Informationsvorsprung: Sobald sich ein Act eines Indies besser verkauft kann der Major eine Lizenzvereinbarung mit dem Indie Label treffen. Auf diese Art und Weise kann das Major Label auf etwaige Trends oder hervorstechende Talente prompt reagieren. Die Indies agieren in dieser „Symbiose“ als eine Art Talentschmiede und sobald das Talent zum Star wird greift der Major zu. (Vgl.: Smudits, 2000:77)

Von der Zentrale gibt es nur allgemeine strategische Vorgaben sowie eine Kontrolle über den Ablauf und die Wirtschaftlichkeit der Geschäfte. Vor allem in den Bereichen A&R und regionalen Marketing haben sich verschiedene dezentrale Organisationsmodelle durchgesetzt. (Vgl.: Schmidt, 1999:199) Bei internationalen Stars hingegen werden Pläne bezüglich der Marketingaktivitäten erarbeitet. Inhalt dieser Pläne ist vor allem die Versorgung regionaler Distributoren mit Promotionmaterial und eine Harmonisierung der Veröffentlichungstermine von Tonträgern. (Vgl.: Smudits, 2000:79)

Ein bezeichnendes Charakteristikum der Medienökonomie, welches hier zu tragen kommt, ist der Umstand von steigenden Skalenerträgen, also überproportional steigender Output bei einer Steigerung der Inputfaktoren. Dies bedeutet, dass größere Unternehmen die Stückkosten bei großen Produktionen senken können, wodurch sich insgesamt degressive Durchschnittskosten ergeben. Daher ist die Gewinnmarge stark ansteigend bei einer hohen Anzahl an Verkäufen. (Vgl.: Owen, 1975:17f) Die Konsequenz daraus ist, dass der Fokus auf der Produktion und Vermarktung von wenigen Hits liegt. (Vgl.: Rosner, 2000) Durch das globale Vertriebsnetz kann der Hit dann von einer Nation in die Nächste „überschwappen.“ Die Grundlage dafür ist ein angemessen großes Budget dass dies ermöglicht wird. Der Nachteil liegt hier auf Seiten jener aufstrebenden Künstler, die einen Major Deal anstreben, da es für sie schwieriger wird einen Vertrag bei einem Major zu bekommen. Für die Indies sollte dies aber bedeuten, dass für sie mehr Spielraum vorhanden wäre sich am Markt zu positionieren. Durch die ständigen Übernahmen und den dadurch immer breiter werdenden Katalog von Künstlern wird dies allerdings erschwert. (Vgl.: Smudits, 2000:73f)

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Abbildung 3: Typische Kostenstrukturen eines Majors. Quelle: Jakob, 2005:74

Den größten Anteil der Kosten verschlingt der Wareneinsatz, also in diesem Fall die variablen Produktionskosten sowie die Vergütung der Rechteinhaber. Der nächstgrößere Block ist das Marketing. Dies überrascht insofern nicht, als dass für den Aufbau eines Hits die Promotion und Marketingkosten enorm sind. Unter Administration, die 10% ausmacht, sind Bereiche wie Buchhaltung, Kostenrechnung, Controlling, Personalkosten der IT und ähnliches zu verstehen. Darauf folgen sonstige Kosten, vor allem Miete und Mietnebenkosten, die einen Anteil von 8% ausmachen. 5% der Kosten bestehen aus Vertriebskosten, wo vor allem Personal bezahlt wird. Und abschließend folgt noch der kleine Anteil von 2% für A&R. Dies zeigt wie bereits angedeutet, dass A&R stark den Indies als Talentscouts anvertraut wird, und im Gebilde eines Majors nur wenig Platz findet. (Vgl.: Jakob, 2005:74f)

3 Marktstruktur in Österreich

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Abbildung 4: Der Musikmarkt in Österreich, Umsätze in Millionen Euro. Quelle: IFPI, 2006:3; IFPI, 2001:3

Der österreichische Markt leidet wie auch weltweit die meisten Anderen unter Umsatzeinbußen. Abbildung 4 verdeutlicht dies; die Umsätze 2005 betrugen nur mehr ca. 230 Millionen Euro. Zwar konnten die verkauften Stückzahlen um 7% 2005 gesteigert werden, allerdings zu geringeren Preisen, sodass sich letztendlich ein niedrigerer Umsatz ergibt. Auch bei Musik DVDs konnten weitere 100.000 zusätzliche Stück verkauft werden, aber ebenfalls zu geringeren Preisen wodurch sich auch in diesem Segment ein Umsatzrückgang verzeichnen lässt. Der Single-Markt hingegen schrumpfte eklatant um 20% zugunsten des Online- und Mobilmarktes, der nun bei 3% liegt. (Vgl.: IFPI, 2006:3)

| |Umsätze |Umsätze Österreich |Internationaler Umsatzanteil |

|Universal Music |4893 Mio. € |82,8 Mio. € |0,02% |

|Sony BMG Music |2128 Mio. € |62,1 Mio. € |0,03% |

|EMI |3073,7 Mio. € |32,2 Mio. € |0,01% |

|Warner Music |2729,8 Mio. € |23 Mio. € |0,01% |

Tabelle 3: Umsätze der österreichischen Majors anhand der Marktanteile an den internationalen Majors. Quelle: IFPI, 2006:3, eigene Berechnungen unter Einbezug des Wechselkurses vom 21.11.2006

Vergleicht man grob die Umsätze nach Marktanteil in Österreich mit den internationalen Umsätzen so lässt sich die geringe internationale Stellung der Majors in Österreich sehen. Außerdem ist der Vertragsabschluss eines Künstlers mit einem Major nicht unbedingt derart erfolgsversprechend wie in anderen Ländern. So werden lokale Acts nicht automatisch international verbreitet und beworben. Deshalb gelangen österreichische Künstler erst dann in die Verkaufsregale der Welt wenn sie bereits in ihrer Heimat große Erfolge feiern konnten. Da der österreichische Markt aber verhältnismäßig nicht besonderes groß ist, ist es um so schwieriger mit großen Absätzen von Tonträgern zu überzeugen. Eine Ausnahme aus dieser Konstellation bilden die Zentralen in Großbritannien und den USA. Diese Acts sind von Beginn an darauf ausgelegt international zu erscheinen und vermarktet zu werden, da die höheren Kosten nur durch internationalen Erfolg kompensiert werden können. (Vgl.: Gebesmair, 1999:42)

In bezug auf die Präsenz der vier Majors in Österreich ergibt sich ein heterogenes Bild. EMI Music Austria und Warner Music Austria fallen in erster Linie dadurch auf, als dass sie kaum österreichische Künstler unter Vertrag haben bzw. unter Vertrag nehmen. Diese beiden Majors haben ihren Standort in erster Linie zur Vermarktung von internationalen Acts. Dies ist natürlich insofern günstiger, da bereits ein Informationsvorsprung aus anderen Ländern bezüglich der Performance der einzelnen Künstler vorhanden ist. Dadurch kann der Marketingplan, der von der Zentrale vorgegeben wird unter Umständen angepasst werden. Neben der Umsetzung des Marketingplans ist auch noch der Vertrieb eine Kompetenz, die in Österreich ausgeübt wird. Dieses Netz ist lange gereift und wird weiterhin gepflegt. EMI hat allerdings im Gegensatz zu Warner auch noch einen Einzelhandel in der Wiener Kärntnerstrasse, wo mehr als ein Drittel aller Mitarbeiter beschäftigt sind. (Vgl.: EMI Music Austria, emimusic.at/company) Im Allgemeinen lässt sich festhalten, dass sich die dezentrale Organisation bei EMI und Warner auf ein Minimum beschränkt.

SonyBMG Music und Universal Music agieren hingegen stärker in Österreich. Bei diesen beiden Majos ist ein breites Spektrum an österreichischen Künstlern vorhanden, wobei die Gründe dafür variieren. So hatte BMG schon vor der Fusion mit Sony im österreichischen Markt aufgrund des Sitzes im benachbarten Deutschland gute Kontakte zum österreichischen Musikmarkt und auch heute noch ist der Einfluss prägend. (Vgl.: SonyBMG Music Entertainment, ) Universal Music hat in Kooperation mit dem ORF mit “Starmania” ein weltweites Konzept einer medial verwertbareren A&R Show übernommen, wobei die Finalisten bei Universal unter Vertrag genommen wurden. Durch diese Staffeln dieser Fernsehsendung wurde der Katalog heimischer Künstler merklich erweitert, wobei dieser im Vergleich zu EMI oder Warner bereits vorher schon relativ breit war. Diese beiden Tonträgerfirmen sind bis auf den fehlenden Einzelhandel in allen Bereichen der Wertschöpfungskette vertreten und kommen dem idealtypischen Major wie er im Kapitel 2.1 beschrieben wurde am nächsten.

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Abbildung 5: Repertoire der Musikindustrie in Österreich. Quelle: IFPI, 2006:4

Abschließend lässt sich noch die Gesamtheit des Repertoire darstellen. Da Österreich ein kleiner Markt ist überrascht der große Anteil an internationalen Acts nicht. Auch der hohe Umsatz bei der E-Musik ist in einem Land wie Österreich wenig verwunderlich. Die nationalen Künstler konnten allerdings in den vergangenen Jahren gegenüber der internationalen U-Musik dazugewinnen. (Vgl.: IFPI, 2006:4)

Indies

Indies ist die Kurzform für Independents. „Independent“ kommt aus dem englischen und bedeutet soviel wie unabhängig, oder auch selbstständig.

Die Indies sind die kleinen, aber keineswegs unbedeutenden, „Player“ in der Musikwirtschaft. Ihnen ist wichtig, dass die musikalische Darstellungsform eigenständig ist, und entgegen dem kommerziellen Mainstream. Sie suchen nach alternativen Wegen Musik und Kunst zu gestalten und umzusetzen. Dadurch ergibt sich ein anderer Zugang zur eigenen betriebswirtschaftlichen Identität und der kreativen Entwicklung neuer noch unbekannter Acts. Künstlerisch trägt diese Attitüde sowohl bei den musikalischen Ausdrucksformen und Arrangements, als auch bei den lyrischen Inhalten Rechnung.

Der Konsument dieser Musik zeichnet sich dadurch aus nach etwas anderem zu verlangen als der Mainstream ihm bieten kann. Damit verbunden ist auch der Reiz der Exklusivität, etwas zu hören, dass nicht von jedem gehört wird. Dieser „Snob-Effekt“, wie er in der ökonomischen Theorie genannt wird, führt dazu, dass der Konsument wählerischer ist als der durchschnittliche Konsument. Erfolgreiche Indie Labels halten deswegen immer engen Kontakt zu ihrer Fanbasis und wissen diese Beziehung zu pflegen. (Vgl.: Vormehr, 1997:201)

Dieses Kapitel hat folgende Aufteilung: Am Anfang werden die Aufgaben der Indies untersucht und der Anteil am gesamten Wertschöpfungsprozess verifiziert. Im Anschluss daran wird die Organisation sowie die Kostenstruktur beleuchtet. Abschließend wird die Marktstruktur der Tonträgerfirmen, und hier insbesondere der Indies, in Österreich erörtert.

1 Die Aufgaben der Indies

Abbildung 6: Der Anteil der Wertschöpfungskette der Indies. Quelle: Tschmuck, 2005:1

Die Aufgaben der Indies lassen sich auf die Kernkompetenzen einer Tonträgerfirma reduzieren. Die Bereiche umfassen in der Praxis meist nur das „Artist & Repertoire“ (A&R), die Produktion, die Absatzpolitik (Marketing inklusive Logistik), sowie weitere administrative Tätigkeiten. (Vgl.: Baszler, 2003:58) Da im logistischen Bereich und bei den administrativen Tätigkeiten keine Wertschöpfung zu verzeichnen ist, konzentriert sich dieses Kapitel in weiterer Folge auf die ersten drei Bereiche: A&R, Produktion und Marketing.

1 Das A&R der Indies

Bei der Suche nach neuen Talenten konzentrieren sich Indie Labels, im Gegensatz zu den Majors, verstärkt auf Nischenmärkte. Viele Indies verdichten ihr Repertoire in einer speziellen Musikrichtung um dadurch eine Plattform dieser Musik zu schaffen und das Label zu einem Markenzeichen für diese Musikrichtung zu machen. Wie auch im Majorbereich sind Beziehungen zwischen den Musikern und den Tonträgerunternehmen wichtig, aber falls ein Künstler mit einer ausgereiften Demoaufnahme seiner Stücke oder auf einem seiner Konzerte überzeugt, kann dies auch zu einem Vertragsabschluss führen. Dabei ist allerdings weniger wichtig, ob diese Musik gerade im Trend liegt oder nicht. Essentieller ist vielmehr ob der Act in das Konzept des Labels passt. Außerdem ist die Live Erfahrung im Indiebereich noch wichtiger als bei den Majors, da hier weniger finanzielle Mittel zur Verfügung stehen und daher Live Promotion kaum wegzudenken ist. (Vgl.: Frascogna, Hetherington, 2004:121f)

2 Die Produktion der Indies

Die Produktion ist bei Indie Labels oft sehr einfach gehalten. So werden für viele Aufnahmen keine renommierten Produzenten engagiert, sondern oft unerfahrenere billigere Produzenten, oder die Aufnahme wird vom Künstler selbst produziert. Im Gegensatz zu den Majors haben die Indies auch keinen Druck hohe Absätze zu erzielen. Durch Home-Recording ist die Produktion von kleineren musikalischen Aufnahmen deutlich günstiger geworden. Zwar ist das Equipment qualitativ nicht mit dem von großen Studios zu vergleichen, aber dafür steht mehr Zeit zur Verfügung, wodurch sich der Anspruch der Aufnahme wieder hebt. Dadurch werden viele Independentproduktionen auch marktfähig und können sich durchaus mit teureren Studioproduktionen messen. (Vgl.: Gebesmair, 1999:39f)

3 Das Marketing der Indies

Wie auch in den Bereichen zuvor ist Kostenminimierung und der effiziente Umgang mit den geringen wirtschaftlichen Möglichkeiten der Ausgangspunkt, beim Marketing der Indies. Aus diesem Grund kommt es auch verstärkt zu Bandübernahmeverträgen zwischen Indies und den Künstlern und nur vereinzelt zu Künstlerexklusivverträgen. Dies beinhaltet auch, dass das Marketing für eine Aufnahme ausschließlich erst nach dem Aufnahmeprozess beginnt.

Als durchaus effizient und kostenextensiv hat sich das Marketing im Internet herausgestellt. Durch die Erstellung eines Webauftritts und Downloadangeboten auf dieser Website und weiteren diversen Portalen werden viele potentielle Käufer sogar international erreicht. Weiters ist die Versendung von Newslettern eine Möglichkeit direkt mit der Fanbasis des Künstlers in Kontakt zu treten. Da Medien wie Radio oder Fernsehen schwer erreichbar sind, da diese eher renommierte Acts promoten, ist die Live Performance des Künstlers eine der wichtigsten Instrumente eines Indielabels. Dadurch wird es ermöglich auch respektable Absätze zu erzielen jenseits der großen Starpromotion. (Lathrop, Pettigrew, 1999:38f)

2 Organisations- und Kostenstruktur

1 Die Ästhetik im Independent Bereich

In diesem Zusammenhang soll der Begriff der Ästhetik nicht unerwähnt bleiben. Dieser Begriff kommt ursprünglich aus dem griechischen und bedeutet soviel wie „Wahrnehmung“, sie ist also die Wissenschaft vom sinnlich Wahrnehmbaren bzw. die Empfindungslehre. (Vgl.: Sikorski, 1997:61f) Im heutigen Gebrauch ist der Ausdruck nicht eindeutig definierbar, da es in der Philosophie mehrere Auslegungen und Ausformungen der Ästhetik gibt, wobei diese Definitionen auch miteinander verflochten sind. Des weiteren ist der Begriff nicht unabhängig von Zeit und Raum zu sehen, da er sich auch stark am gesellschaftlichen Werdegang orientiert. Es ist also von der philosophischen Warte her keine eindeutige Richtung vorgegeben. Vielmehr schaffen sich die künstlerischen Bereiche ihre eigenen Ästhetiken, also in diesem Fall eine musikalische Ästhetik. Der Fokus soll hierbei aber nicht auf der philosophischen musikalischen Ästhetik liegen, sondern vielmehr auf der wertenden Ästhetik, welche von den Tonträgerfirmen ausgeht. Mit anderen Worten ist eine Komposition oder ein Künstler dann ästhetisch wertvoll, wenn dies die Meinung der Tonträgerfirma ist. (Vgl.: Farmer, 1987:3)

In diesem Sinne kommt der Musik ein Doppelcharakter zu: So soll Musik einerseits eine eigene Welt schaffen, die sich von unserer unterscheidet und in die sich der Hörer fallen lassen kann, und andererseits hat sie die Aufgabe gesellschaftliche und soziale Gegebenheiten und Veränderungen kritisch zu reflektieren. Diese Funktion ist in der Rockmusik zwar gegeben, allerdings weniger stark als in anderen Musikrichtungen, zum Beispiel der Klassik. (Vgl.: Farmer, 1987:69) Von diesem ästhetischen Ausgangspunkt machen sich Indie Labels auch als „Talentschmiede“ in der Musikwirtschaft bemerkbar. So werden Künstler, die noch nicht über die nötige Reputation verfügen bei einem Major Label kaum ein Vertragsangebot bekommen, da dies zu unsicher und zu riskant wäre. Hier kommen die Indie Labels ins Spiel, als dass sie nicht nur bereit sind das wirtschaftliche Risiko zu tragen, sondern auch nach eigenen ästhetischen Grundsätzen erwägen dem Künstler eine Chance zu ermöglichen. Aus diesem Willen ist es dem Künstler auch erst möglich sich selbst künstlerisch zu entfalten und zu entwickeln. Indie Labels leisten in diesem Sinne Forschungsarbeit, und tragen aber auch das Risiko, da im Falle eines Misserfolges die getätigten Investitionen nicht mehr einforderbar sind. Zu der wirtschaftlichen Entscheidungsgrundlage kommt also noch die ästhetische Dimension hinzu, die das reine gewinnmaximierende Verhalten dämpft.

2 Das Indie Label in der Wirtschaft

Sofern es sich nicht um reine Liebhaberei der Indie Labeltreiber handelt, so muss sich auch das Indie Label den Gesetzmäßigkeiten des Marktes unterwerfen. Zu diesen Gesetzmäßigkeiten zählt auch, dass in Bereichen produziert wird, wo eine gewisse Nachfrage vorhanden ist beziehungsweise zu sein scheint, wobei die Letztverbraucher als anspruchsvollere Musikliebhaber gelten als der Durchschnittsverbraucher. Allerdings passt sich auch im Musikbereich der Erfolg an das System an, und bei der hohen Anzahl an Veröffentlichungen wird es auch immer schwieriger sein Produkt zu platzieren.

Wichtig ist dabei vor allem ein gewisses Grundkapital. Oft reicht das Kapital bei kleinen Labels nicht aus, weswegen dann zu wenig Promotion für die Veröffentlichungen betrieben wird, es zu Verkaufseinbußen kommt und daher diese Labels schnell wieder aus der Musiklandschaft verschwinden. Aus diesem Grund ist Kostenminimierung auch das Um und Auf beim Betreiben eines Indie Labels. Weiters sind eine exakte Kostenrechnung und Verkaufskalkulation essentiell, wenn das Label längerfristig sich im Markt behaupten will.

Aber auch bei der Auswahl der medialen Institutionen ist es wichtig den „richtigen“ Journalisten, DJ oder Programmdirektor zu finden und zu betreuen, da bei den inflationären Veröffentlichungszahlen es immer schwieriger wird gerade das eigene Produkt in den Vordergrund zu drängen. Durch Oligopolisierungstendenzen im Handel und in der Kulturindustrie wird diese Problematik noch verstärkt. Öffentlich rechtliche Medien vernachlässigen ihren Bildungsauftrag wegen der privatwirtschaftlichen Konkurrenz, die immer mehr Marktanteile an sich zieht, und man orientiert sich in der Programmgestaltung am Mainstream oder an bereits älteren, billigeren Programmen, die bei „Oldiesendern“ gegenüber Neuerscheinungen die Nase vorn haben. Neue Innovationen aus der Indieszene finden daher kaum Platz in einer solchen Medienlandschaft. Auswege aus diesem Dilemma sind oftmals Joint-Ventures mit Majors, Absätze in anderen Märkten im Ausland, sowie eine engere Zusammenarbeit mit Künstlern im Konzertbereich oder alternativen Vertriebsmöglichkeiten, die mehr Spielraum einräumen. (Vgl.: Vormehr, 1997:208f)

3 Marktstruktur in Österreich

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Abbildung 7: Marktanteile der Tonträgerfirmen in Österreich. Quelle: IFPI, 2006:5, und eigene Berechnungen

Die Indieszene ist in Österreich wie auch in den meisten anderen industrialisierten Staaten bei den Marktanteilen den Majors unterlegen. Die Indies untereinander unterscheiden sich allerdings auch in der Größe, sodass auch hier ein Konzentrationsprozess feststellbar ist. So belegen die Umsätze der größeren Indies (Artist First Music GmbH, Bellaphon Records Schallplatten-Vertriebs-GesmbH., Buchgemeinschaft Donauland Kremayr & Scheriau, Echo-Zyx Music GesmbH., Edel Musica Vertriebs GmbH, Hoanzl Produktions- und Vertriebsges.m.b.H., Ixthuluh Music GmbH, Lotus Records, Preiser Records, SSD Trading GmbH - Soul Seduction Distribution) mit den Majors insgesamt ca. 90% des österreichischen Musikmarktes. (Vgl.: IFPI, 2006:5)

Der Österreichische Musikatlas 2006 zählt 244 Indies insgesamt. (Vgl.: Sopper, 2006:9ff) Nach Kontaktaufnahme[1] mit diesen Indies mit den beigestellten Daten muss festgehalten werden, dass lediglich 192 den Anspruch eines Labels gleichkommen, der hier an sie gestellt wird. Der Rest besteht aus reinen Marketingagenturen, Konzertagenturen, Doppelzählungen, Labels die sich auf E-Musik spezialisiert haben, etc. Bei den gezählten Indies handelt es sich mit Ausnahme der bereits erwähnten größeren Indies weitgehend um Ein-Mann-Betriebe, projektabhängig mit Teilzeitbeschäftigten. (Vgl.: Scheuch, 2000:57) Der wesentliche Unterschied der größeren Indies zu den Kleineren besteht vor allem in der eigenständigen Vertriebsstruktur, die sich erst ab einem größeren Katalog rentiert. In diesem Sinne sind einige (jene mit eigenem Vertrieb) größere Indies in dieser Betrachtung eher den Majors zuzurechnen (z.B. Edel, Hoanzl, Echo ZYX, etc.)

Modelle

In folgendem Kapitel werden einige Modelle aus dem Bereich der Industrieökonomie vorgestellt. Die Industrieökonomie geht bei ihrer Untersuchung von Märkten weniger von dem neoklassischen Modell der vollkommenen Konkurrenz aus, sondern mehr von oligopolistischen, unvollkommenen Märkten. Die vollkommene Konkurrenz wird zwar auch dargestellt, allerdings immer in einen modellhaften, vergleichenden Kontext, ohne Anspruch auf Realitätsnähe. Die Oligopolmodelle stehen insgesamt bei diesem Ansatz im Vordergrund, also die Modelle von Cournot für Mengenwettbewerbe, und das Modell von Bertrand für Preiswettbewerbe.

Dieses Kapitel ist wie folgt aufgebaut: Anfangs wird das Modell der Entscheidung bei Unsicherheit und deren Folgen diskutiert. Im Anschluss daran wird strategisches Verhalten in Märkten untersucht. In Kapitel 4.3 wird dann die Rolle von Werbung als strategisches Instrument untersucht. Abschließend wird das Verhalten von Unternehmen in bezug auf Forschung und Entwicklung erörtert.

1 Entscheidung bei Risiko

1 Sicherheit, Risiko, Unsicherheit

Es handelt sich um eine Entscheidung bei Risiko, wenn ein Unternehmen z.B. vor der Entscheidung steht ob ein Produkt in das Sortiment aufgenommen wird oder nicht, da es so gut wie unmöglich ist die Verkäufe eines Produktes im vornhinein genau abzuschätzen. In Abgrenzung dazu passieren Entscheidungen bei Sicherheit unter vollkommenem Wissen in bezug auf den Erfolg dieser Entscheidung, während bei Entscheidungen bei Unsicherheit diesbezüglich gar keine Informationen zur Verfügung stehen. Eine Entscheidung bei Risiko passiert zwar nicht unter vollständigem Wissen über den Erfolg der Aktion, allerdings können die Wahrscheinlichkeiten mit denen ein Ereignis eintritt abgeschätzt werden.

Es stellt sich nun die Frage, inwiefern sich dieses Risiko auf das Investitionsverhalten einer Firma auswirkt. Ein kleines Beispiel soll dies nun veranschaulichen. Angenommen eine Firma geht davon aus, dass es nur zwei Möglichkeiten gibt wie sich der Verkauf des Produktes darstellen kann. Entweder es wird kein einziges Produkt verkauft, oder aber eine gewisse Anzahl, die aber auch vom Marketingaufwand der Firma abhängt. Geht man weiters davon aus, dass das Marketing dem Gesetz des fallenden Grenznutzens unterliegt, so nehmen die Verkäufe bei gleichbleibenden Marketingaufwand proportional ab. Eine allgemeine Form der Gewinnfunktion hätte dann folgende Form:

[pic]

Gleichung 1

wobei [pic] dem Verkaufspreis entspricht, [pic] der verkauften Menge an Gütern, [pic] dem Marketingaufwand, und [pic] und [pic] den jeweiligen Wahrscheinlichkeiten, dass dieses Ergebnis eintritt. Die Wahrscheinlichkeitsverteilung zwischen den beiden Ereignissen ist also maßgeblich beeinflussend wie sich der Gewinn entwickelt. Außerdem ist der Marketingaufwand sowohl bei den beiden Möglichkeiten, also in den ersten beiden Termen, als auch im letzten Term enthalten, da der Marketingaufwand nicht nur die Verkäufe fördert, sondern natürlich auch bezahlt werden muss. Des weiteren kann der Preis mal der verkauften Menge mit dem Umsatz gleichgesetzt werden.

Wenn man nun wieder zurückgeht zu der Annahme, dass eine der beiden Möglichkeiten davon ausgeht, dass keine Verkäufe getätigt werden, so fällt einer der beiden ersten Terme demnach weg. Diese Annahme ist natürlich sehr extrem, aber es soll hier auch nur veranschaulicht werden wie das Investitionsverhalten einer Firma bei Risiko aussieht. Geht man davon aus, dass ein Erfolg mit einer Wahrscheinlichkeit von 20% realisiert wird, so zeigt sich folgendes Bild:

[pic]

Gleichung 2

Maximiert man nun den Profit nach dem Marketingaufwand, so ergibt sich für den Fall des Risikos:

[pic]

Gleichung 3

Geht man hingegen von einer Entscheidung bei Sicherheit aus, so gelangt man zu jener Gleichung:

[pic]

Gleichung 4

Der Unterschied ist hierbei lediglich, dass der Erfolg nicht mit einer Wahrscheinlichkeit von 20% eintritt sondern zu 100% sicher ist. Maximiert man nun auch diese Gleichung so gelangt man zu:

[pic]

Gleichung 5

Das Investitionsverhalten ist also unter Risiko deutlich niedriger als bei Sicherheit. Daraus folgt, dass eine Firma, je unsicherer die Entscheidung ist ein neues Produkt aufzunehmen oder nicht, desto weniger in Marketing, und damit in den Namen des Produktes, zu investieren bereit ist. Ein Instrument, welches Unternehmen einsetzen um das Risiko einer Unsicherheit zu minimieren wird nun gezeigt.

2 Reputation

In der Industrieökonomie werden zwei Arten von Gütern unterschieden:

- Suchgüter

- Erfahrungsgüter

Suchgüter sind dadurch charakterisiert, dass der Nutzen bzw. der Gewinn von vornherein absehbar ist. Ein Beispiel hierfür wäre ein Flug von Hamburg nach Wien. Das Ergebnis dieses Konsums ist klar vordefiniert: Man steigt in Hamburg ins Flugzeug und kommt in Wien an. Der Nutzen ist also bereits vor dem Antritt der Reise bewertbar. Bei Erfahrungsgütern ist es genau umgekehrt. Hier ist der zu erwartende Nutzen bzw. Gewinn erst nach dem Konsum bzw. Verkauf eruierbar. Ein Beispiel hierfür wäre eingestelltes Personal in einer Firma. Das Personalmanagement kann auch nicht mit Sicherheit sagen, ob die Einstellung eines neuen Mitarbeiters wirklich fruchtbar sein wird. Dies entscheidet sich erst nach Wochen oder Monaten, nachdem er bereits in der Firma gearbeitet hat. (Vgl.: Church, Ware, 2000:184)

Nach diesem Reputationsmodell von Shapiro (1983:659-679) wird ein Unternehmen seine Produkte nicht demselben Käufer ein zweites Mal verkaufen können, wenn dieser nach dem ersten Kauf nicht zufrieden war. Implizit angenommen wird daher, dass der Konsument darauf vertraut, dass sich die Qualität im Vergleich zum letzten Kauf nicht ändert. Dieses nachfolgende Modell geht von einem zweistufigen Spiel aus. In jeder Periode werden Erfahrungsgüter sowohl von schlechter als auch von guter Qualität angeboten und in jeder Periode kaufen die Konsumenten ein Gut. Eine weitere Annahme dieses Modells ist, dass der gesamte Markt stark von Konkurrenz geprägt ist, sodass

[pic]

Gleichung 6

also, dass der Preis so hoch ist wie die Grenzkosten der Firma.

In der ersten Periode, wenn ein Produkt eines neuen Unternehmens angeboten wird, kann die Firma die Konsumenten nicht im vornherein überzeugen, dass es sich bei diesem Produkt um ein qualitativ hochwertiges handelt, selbst wenn dies der Fall ist. Dies geht darauf zurück, als dass es hier um Erfahrungsgüter geht deren Nutzen erst nach dem Konsum festgestellt werden kann. Daher muss das Produkt am Anfang zu Grenzkosten verkauft werden wie die qualitativ minderwertigen ebenso. Gehen wir davon aus, dass eine Firma in Qualität investiert, so sind die Kosten dieser Firma gegenüber einer anderen, die dies nicht tut, dementsprechend höher. Dies bedeutet, dass die Firma durch den vermehrten Kapitaleinsatz in Qualität einen Verlust verzeichnen muss. Dieser Verlust ist aber auch gleichzeitig eine Investition in die Reputation des Produkts bzw. der Firma. Da die Qualitätsprodukte in der zweiten Periode wieder gekauft werden und die minderwertigen Güter ausscheiden, wird sodann die Investition der Reputation zu einer zusätzlichen Rente, die in der zweiten Periode verdient werden kann. Mit anderen Worten muss in der ersten Periode erst in Qualität investiert werden und ein Verlust verbucht werden um in der zweiten Periode einen Gewinn zu erzielen. Folgende Abbildung illustriert dies.

[pic]

Abbildung 8: Gewinnzunahme bei Investition in Repuation. Quelle: Church, Ware, 2000:194

3 Werbung als Signal für Reputation

Werbung kann bei der Etablierung von Reputation eine entscheidende Rolle spielen. Nelson (1970:311-329;1974:729-754;1978) zeigte dass es dabei auch nicht unbedingt nur um den Inhalt der Werbung geht, sondern dass das Setzen von Werbung an sich bereits als Signal für Qualität stehen kann. Eine formale Erweiterung diese Modells wurde von Milgrom und Roberts (1986:796-821) veröffentlicht. Hier soll aber lediglich das Grundmodell Einzug finden mit den essentiellen formalen Erklärungen.

Angenommen es gibt Erfahrungsgüter mit hoher (H) oder niedriger (N) Qualität. Im Markt befinden sich nun drei Arten von Anbietern:

- Ein Anbieter(HH), der hohe Qualität produziert und diese auch als solche verkauft

- Ein Anbieter(NH), der niedrige Qualität produziert, sie aber als hoch kennzeichnet

- Ein Anbieter(NN), der niedrige Qualität produziert und diese auch als solche verkauft

Die Höhe der Gewinne dieser Anbieter sieht in etwa so aus:

[pic]

Gleichung 7

Der Gewinn des Anbieters, der die niedrige Qualität anbietet, sie aber als hochwertig verkauft generiert den größten Gewinn, da er billiger produzieren kann als Anbieter(HH). Anbieter(HH) wiederum erzielt einen höheren Gewinn als Anbieter(NN), da Konsumenten höhere Qualität zu schätzen wissen und deswegen auch gerne mehr für Qualität ausgeben.

Gehen wir nun wieder davon aus, dass die Konsumenten nach einmaligen Kauf eines Gutes von Anbieter(NH) wissen, dass es sich um niedrige Qualität handelt, so ergibt sich langfristig für die Niedrigqualitätsproduzenten:

[pic]

Gleichung 8

Die linke Seite der Ungleichung bezeichnet den Profit von Anbieter(NH), indem er den Profit der jetzigen Periode und die Profite der Zukunft, die nach Erkennen der Konsumenten nun den des Niedrigqualitätsanbieters entsprechen, durch einen Abzinsungsfaktor r. Die rechte Seite beschreibt den langfristigen Gewinn des Anbieters(NN). Es ist auffällig, dass es also profitabler ist wie Anbieter(NH) zu agieren als Anbieter(NN).

Der Anbieter(HH) wird daher daran arbeiten sich von Anbieter(NH) abzugrenzen. Dies kann er indem er Werbung macht. Wenn er die Ausgaben für Werbung hoch genug ansetzt wird es unprofitabel niedrige Qualität zu produzieren und jedoch hoch zu kennzeichnen. Es muss daher gelten:

[pic]

Gleichung 9

Wobei A gleich den Webungskosten entsprechen. Dadurch wird es ermöglicht den Konsumenten direkt zwischen hoher und niedriger Qualität zu unterscheiden. Der Hochqualitätsproduzent hat daher einen Anreiz sein eigenes Gleichgewicht zu schaffen. Dadurch verschwindet Anbieter (NH) vom Markt. Für die Gewinne ergibt sich:

[pic]

Gleichung 10

Dieses Modell hilft zu verstehen warum neue Erfahrungsgüter zu ihrer Einführung stark beworben werden, wobei der Werbeinhalt oft recht uninformativ ist. (Vgl.: Church, Ware, 2000:196f) Warum bereits eingeführte Güter beworben werden wird später auch noch behandelt (s. Kapitel 4.3).

4 Die Bedeutung für die Musikwirtschaft

Die Bedeutung der Unsicherheit ist in der Musikwirtschaft relativ groß, da es beim Verkauf von Tonträgern zum einen auf den Geschmack des Konsumenten ankommt, und zum anderen auf die Entwicklung von etwaigen Trends, die jenen Geschmack beeinflussen. Es ist daher schwierig abzuschätzen wie sich der Erfolg eines Künstler entwickeln wird. Aus der Sicht des Konsumenten kann der Nutzen des Hörens eines Tonträgers auch nicht exakt vorausgesagt werden. Bei Künstlern und deren Tonträgern handelt es sich sowohl aus der Sicht des A&R, als auch aus der Sicht des Kunden um Erfahrungsgüter.

Im Bereich des A&R ist es für eine Tonträgerfirma natürlich wichtig zu wissen, ob der Künstler das Potential besitzt Erfolg zu haben. Dies ist insofern von großer Bedeutung in dieser Branche, als dass gerade 20-30% der vertraglich verpflichteten Künstler auch wieder das investierte Kapital einspielen (s. Kapitel 1.2.2.2.1). Tonträgerfirmen haben nur wenig Informationen über Künstler mit denen ein Vertragsabschluss möglich wäre, außer deren Musik und eigene Erfahrungswerte. Aufgrund dieser Entscheidung bei Risiko werden Tonträgerunternehmen versuchen so viele Informationen wie möglich über die Performance des Künstlers im Markt zu erhalten. Wenn Tonträgerfirmen kaum Informationen diesbezüglich bekommen, so werden sie im Vergleich zu anderen Künstlern, wo mehr Information vorhanden ist, weniger Kapital investieren. In der Praxis ist aber mit einem Minimalbudget kein Hit zu generieren, da das Interesse der potentiellen Käufer nur dann geweckt werden kann, wenn entsprechend darauf aufmerksam gemacht wird.

Um eben diese Unsicherheit auf einem Markt mit derartig vielen Neuveröffentlichungen zu minimieren legen Majors viel Wert auf Reputation, also ob sich der Künstler bereits „einen Namen gemacht hat.“ Der Major möchte bei der Auswahl seiner Künstler also „nicht die Katze im Sack kaufen.“ Dadurch, dass die Indies bereits in neue Acts investieren, können die Majors leichter feststellen ob sich der jeweilige Künstler profiliert hat oder nicht. Es findet also im Indiebereich so etwas wie eine erste Aussiebung von profitablen und unprofitabeln Künstlern statt. Mittelfristig erfolgreich wird ein Act aber auch nur dann sein, wenn von Anfang an in den Namen des Künstlers investiert wird. Dadurch wird eine Unterscheidung von qualitativ hochwertigen und minderwertigen Acts konstruiert, wobei die hochwertigen Acts einfach nur das bessere Marketing haben. Dies ist also nicht nur ein Signal für den Konsumenten, sondern auch für den Major, wenn dieser einen Künstler eines Indies unter Vertrag nehmen will, ob dieser Act qualitativ den Maßstäben genügt den sie an ihre Künstler stellen. Der Inhalt der Werbungsmaßnahmen ist dabei für den Konsumenten genau so zweitrangig wie für den Major, allein das Zeichen etwas für den Namen zu tun hat bereits enorme Aussagekraft.

Da es sich bei Tonträgern wie gesagt um Erfahrungsgüter handelt, investieren die Majors kaum Kapital in die Entwicklung neuer Künstler. Diese Kategorie obliegt den Indies, die nach dem langwierigen Aufbau von Reputation auch kleinere Gewinne verzeichnen können. Bei den späteren Phasen der profitablen Zeit eines Künstlers sind sie hingegen nur mehr geringfügig bis gar nicht mehr beteiligt, da der Major den aufstrebenden Act bereits lizenziert hat, oder gar das gesamte Label aufgekauft hat.

2 Strategisches Verhalten

In diesem Abschnitt soll nun das strategische Verhalten analysiert werden, wie es in der Industrieökonomie beschrieben wird. Unter Strategie wird hier vielmehr ein längerfristiger Aspekt verstanden, wogegen kurzfristige Entscheidungen eher als Taktik, anstatt als Strategie verstanden werden. Die grundlegenden Modelle wurden zum einen von Fundenberg und Tirole (1984:361-368), und zum anderen von Bulow, Geanakopolous und Klemperer (1985:488-511) entwickelt.

1 Kleine Hunde und dicke Katzen

1 Strategische Komplemente

Auch in diesem Modell wird von einem zweistufigen Spiel ausgegangen. In der ersten Phase unternimmt die Firma 1 eine Investition, die versunkene Kosten darstellt. Diese Investition könnte z.B. in Forschung und Entwicklung, oder aber auch in Marketing investiert werden. Benannt wird sie mit [pic], und es wird angenommen, dass sich durch diese Investition die Grenzkosten senken lassen, sodass:

[pic]

Gleichung 11

Nehmen wir an, dass die Firmen differenzierte, nicht-substituierbare Güter herstellen und deswegen über Preise konkurrieren. Der Einfachheit halber soll diese Art des Bertrand-Wettbewerbs mit lediglich zwei Firmen veranschaulicht werden. Die beiden individuellen Nachfragefunktionen bestehen aus folgenden Funktionen:

[pic]

Gleichung 12

[pic]

Gleichung 13

Wobei für die gesamte Menge gilt:

[pic]

Gleichung 14

[pic] steht für den jeweiligen Preis und [pic] für die jeweilige Menge und der Index für Firma 1 bzw. Firma 2. Die Profite der beiden Unternehmen sehen daher so aus:

[pic]

Gleichung 15

[pic]

Gleichung 16

Wobei [pic] den jeweiligen Kosten der Unternehmen entspricht. Um den maximalen Gewinn zu ermitteln, muss festgestellt werden inwiefern sich eine Preiserhöhung auswirkt. Angenommen Firma 1 erhöht den ihren Preis um [pic], so gibt es drei Effekte auf den Gewinn dieses Unternehmens:

[pic]

Gleichung 17

Der erste Term ist der Anstieg des Gewinns durch jene Konsumenten, die weiterhin die Produkte kaufen aber nun natürlich einen höheren Preis dafür zahlen müssen. Der zweite Term repräsentiert den Fall der Profite durch die sinkende Nachfrage, also jene Konsumenten, die nun nicht mehr die Produkte kaufen. Der dritte Term ist die Reduktion der Grenzkosten ausgelöst durch den Fall der Nachfrage. Um nun den Gewinn zu maximieren ist nach dem Preis abzuleiten:

[pic]

Gleichung 18

Dividiert man Gleichung 17 durch [pic], so erhält man:

[pic]

Gleichung 19

Setzt man nun Gleichung 12 mit der Steigung der Nachfrage von [pic] in Gleichung 19 ein und setzt das Ergebnis gleich null, so ergibt sich für [pic]:

[pic]

Gleichung 20

Die Grenzkosten für Firma 2 sind einfach [pic]. Die Grenzkosten für Firma 1 sind hängen hingegen von [pic] ab und sind gegeben durch Gleichung 11. Setzt man dies nun ein ergeben sich die beiden Reaktionsfunktionen der beiden Firmen:

[pic]

Gleichung 21

[pic]

Gleichung 22

Dadurch ergibt sich, dass für [pic]>0 die Grenzkosten von Firma 1 kleiner sind als jene von Firma 2. Dadurch ergibt sich natürlich auch ein kleinerer Gleichgewichtspreis für Firma 1. Folgende Grafik zeigt die beiden Reaktionsfunktionen: [pic]

Abbildung 9: Strategische Investition bei Preiswettbewerb. Quelle: Church, Ware, 2000:531

Hier wird augenscheinlich, dass prinzipiell eine Preiserhöhung einer Firma eine Preiserhöhung der anderen Firma zur Folge hat aufgrund der positiven Steigung der Reaktionsfunktionen. Die beiden Güter sind Substitute in der Nachfrage. Ein höherer Preis für das eine Gut lässt die Nachfrage für das andere steigen und dadurch steigt auch dessen Preis. Fundenberg und Tirole geben diesen Gütern, die über Preise konkurrieren den Namen von strategischen Komplementen.

Investitionen lassen diese Reaktionsfunktion von Firma 1 nach links verschieben, also den falschen Weg um den Gewinn zu erhöhen. Der Grund dafür ist, dass durch die niedrigeren Grenzkosten ein Anreiz entsteht den Output zu erhöhen und dadurch die geringere Preise an die Konsumenten weitergibt. Deswegen hat Firma 1 keinen Anreiz zu investieren, sie wird unterinvestieren. Gleichzeitig führen Investitionen aber auch zu einer Schädigung des Konkurrenten. Dieses Gleichgewicht aus strategischen Komplementen und der Schädigung des Konkurrenten nennen Fundenberg und Tirole „Puppy Dog“, also Welpe. (Vgl.: Church, Ware, 2000:529ff)

2 Tough und Soft

Ein weiterer Punkt, den Fundenberg und Tirole modellieren, ist jener ob die Investition in Kapazitäten [pic] der Firma 1 auch negative Auswirkungen auf den Gewinn von Firma 2 haben. Falls gilt:

[pic]

Gleichung 23

so schädigt Firma 1 durch ihre Investition Firma 2. Anders formuliert, schädigt ein sinken der Preise, welches durch die Ausweitung der Kapazitäten ermöglicht wird auch dem Konkurrenten, so macht dies Firma 1 „tough.“ Andererseits, falls gilt, dass

[pic]

Gleichung 24

so profitiert auch Firma 2 von der Investition von Firma 1. Es macht Firma 1 „soft.“ Fundenberg und Tirole leiten für strategische Komplemente zwei mögliche Szenarien ab wie sich dieser Wettbewerb gestalten kann:

| |Strategische Komplemente |

|Tough |Puppy Dog |

|Soft |Fat Cat |

Tabelle 4: Klassifikation für zweistufige Spiele im Falle von strategischen Komplementen. Quelle: Church, Ware, 2000:534

Gibt es einen Wettbewerb über die Preise und sind die Firmen „tough“, so wird Firma 1 unterinvestieren und wird somit zum „Puppy Dog“, zum Welpen. In diesem Fall hoffen allerdings beide Firmen, dass der Konkurrent nicht investiert und einen Preiskampf beginnt. Sind hingegen beide Firmen „soft“, so werden beide Firmen hoffen, dass jeweils der andere zu investieren beginnt, da sie selbst auch davon profitieren, sie wollen eine dicke Katze sein, eine „Fat Cat.“ Fat Cat ist eine Art von Gefangenendilemma, da es die dominante Strategie ist nicht zu investieren, aber von einer gemeinsamen Investition in Kapazitäten würden beide Firmen profitieren. (Vgl.: Church, Ware, 2000:532f)

2 Die Bedeutung für die Musikwirtschaft

Aus diesen beiden Szenarien lassen sich in erster Linie Schlüsse auf die Wettbewerbssituation erschließen. Grundlegend lässt sich einmal festhalten, dass es in der Musikwirtschaft differenzierte Güter gibt, da Tonträger unter Konsumenten nicht beliebig austauschbar sind. Ein Rock’n’roll Album wird bei einem Konsumenten, der ausschließlich eine Vorliebe für zeitgenössischen Jazz hat wohl kaum Anklang finden. Selbst in gewissen Genres ist es schwierig Künstler nach belieben auszutauschen, da es auch hier gewisse Unterschiede in den individuellen Präferenzen gibt. Da es sich also um differenzierte Güter handelt wird von einem Preiswettbewerb ausgegangen.

Bei der Investition könnte man durchaus davon ausgehen, dass es sich um das Verlagswesen, A&R, die Herstellung, das Marketing, oder um den Vertrieb handelt, da die Kosten dieser Bereiche oft versunkene Kosten darstellen. Gehen wir nun von den beiden Szenarien „Puppy Dog“ und „Fat Cat“ aus, so muss herausgefunden werden, ob es auch positive Auswirkungen auf den Gewinn des Konkurrenten gibt in diesen Bereichen eine Investition zu unternehmen. Im Falle der vier Majors ist die Sache relativ einfach: Alle vier Majors verfügen über ihre eigenen Abteilungen, die sich mit diesen Aufgaben auseinander setzen. Jeder der vier Majors hat seinen eigenen Verlag, seine eigene A&R Abteilung, sein eigenes Presswerk, seinen eigenen Marketingplan und seine eigenen Vertriebskanäle. Die vier Majors sind also von ihrem Standpunkt aus autonom. Anders verhält sich der Markt aus der Sicht der Indies, da die Indies oft nicht über das entsprechende Budget verfügen und deswegen auf die Leistungen der Majors zurückgreifen, die sie aufgebaut haben. Indies gehen also Kooperationen mit den Majors ein, wodurch auch ein gewisser Umsatzanteil an die Majors geht. Nimmt beispielsweise ein Indie einen neuen Künstler unter Vertrag und vereinbart mit einem Major, dass dieser den Vertrieb der Tonträger übernimmt, so profitiert letztlich auch der Major davon. Wir haben es also in diesem Falle mit einem „Fat Cat“-Szenario zu tun. Agiert der Indie völlig autonom von den Strukturen der Majors, so kann es auch keine Erhöhung des Gewinnes des Majors durch den Indie geben. In diesem Fall gäbe es ein „Puppy Dog“ Szenario.

Auffällig ist nun, dass in beiden Szenarien unterinvestiern die dominante Strategie ist. Es ist also aus der Sicht der Majors durchaus rational sich wie eine „Fat Cat“ zu verhalten, wenn es Verträge mit Indies gibt, die sich beispielsweise auf A&R und Marketing konzentrieren. In diesen Bereichen kann der Major unterinvestieren und überlässt das Risiko den Indies. Geschichtlich betrachtet waren die Indies auch immer Initiatoren von neuen Künstlern und neuen Trends, allerdings profitierten davon meist auch die Majors. (Vgl.: Tschmuck, 2003:309f)

3 Werbung

1 Werbung als versunkene Kosten

Dass Werbung eine Markteintrittsbarriere sein kann ist wohl bereits so alt wie die Industrieökonomie selbst. Bain (1956) argumentierte, dass es bereits damals nötig war Werbungskosten auf sich zu nehmen um die Konsumenten auf das Produkt aufmerksam zu machen und in den Markt einzutreten. John Sutton (1991) entwickelte diese Idee weiter, indem er feststellte, dass Werbungskosten auch als strategisches Instrument eingesetzt werden können um Markteintrittsbarrieren zu errichten. Er zeigt weiters, dass es dadurch bei geschickten Einsatz der teilnehmenden Firmen zu einer Zentralisierung des Marktes kommen kann. Obwohl das Modell an sich sehr formal ist, ist das zentrale Ergebnis leicht nachzuvollziehen. Angenommen Unternehmen in einem Markt spielen ein dreistufiges Spiel. In der ersten Phase entscheiden sie sich, ob sie in den Markt eintreten wollen oder nicht, wobei fixe Kosten entstehen im Falle eines Eintritts. In der zweiten Phase bestimmen die Firmen ein gewisses Level an versunkenen Werbungskosten, wodurch die wahrnehmbare Qualität des Produkts für die Konsumenten, und dadurch ihre Zahlungsbereitschaft bestimmt wird. Dadurch kann es dazu kommen, dass es mehrere Gleichgewichte gibt: Etwa ein Hochpreisgleichgewicht mit einem hochqualitativen, teuren und stark beworbenen Produkt, oder einem qualitativ schlechteren, billigeren kaum beworbenen Produkt.

Natürlich verursachen diese Variationen in der Qualitätserzeugung auch Kosten. Wenn man davon ausgeht, dass Werbung nur zu den fixen Kosten zählt, und dass die wahrgenommene Qualität durch die Konsumenten durch die Werbung bestimmt wird, so ergibt sich folgende Form der fixen Kosten:

[pic]

Gleichung 25

wobei [pic] der gesamten Höhe der Fixkosten entspricht, [pic] die wahrgenommene Qualität widerspiegelt, und [pic]eine ansteigende Funktion ist.

In der letzen Phase des Spiels bestimmen die Firmen Preis und Menge in Relation zu den Werbungskosten. Obwohl an dieser Stelle nicht die gesamte Gleichgewichtsfindung besprochen wird, ist das Ergebnis doch recht intuitiv und wichtig. Zum einen gibt es immer symmetrische Gleichgewichte, in erster Linie jene, in welchen die Firmen die selben Entscheidungen bezüglich Werbungskosten, Qualität, Preis und Menge setzen. Wenn die Variable [pic] die gesamten Ausgaben für Werbung für die variierenden Qualitätsgüter bestimmt, so zahlt sich eine nur geringe Investition nicht aus. Es ist hierbei also effizienter gänzlich auf Werbung zu verzichten. Dadurch ergibt sich eine negative Korrelation zwischen [pic] und der Anzahl der teilnehmenden Firmen [pic] im stark beworbenen, hochqualitativen Sektor des Marktes. Bei einem bestimmten Niveau von [pic] beginnen die Firmen stark in Werbung zu investieren, sodass das gleichgewichtige Niveau der Werbungskosten stark ansteigt, wobei überraschenderweise die Anzahl an Firmen ab einem gewissen Niveau [pic] gleich bleibt. Dadurch ergibt sich eine Situation, in welcher die Firmen in diesem Segment nicht nur die Nachfrage nach ihren eigenen Gütern verstärken können, sie schaffen gleichzeitig auch noch eine Eintrittsbarriere, sodass ihnen die Produzentenrente erhalten bleibt. Die folgende Abbildung illustriert dies.

[pic]

Abbildung 10: Marktkonzentration bei zunehmender Werbungsintensität. Quelle: Church, Ware, 2000:566

In diesem Fall gibt es eine Grenze der Konzentration unter welche der Markt niemals fällt. Sutton hat diese Grenzen in verschiedenen Branchen, in welchen Werbung eine große Rolle spielt dokumentiert. (Vgl.: Church, Ware, 2000:564f)

2 Webung als strategische Markteintrittsbarriere

Werbungsmaßnahmen können also, wie eben beschrieben, nicht nur zur Erhöhung der Nachfrage des eigenen Produkts, sondern auch als Markteintrittsbarriere für neue Unternehmen verwendet werden. Wenn man nun zu den zweistufigen Oligopolspiel, das bereits in diesem Kapitel (s. Kapitel 4.2.1) behandelt wurde, zurückkehrt, so eröffnet dies noch zusätzliche Einblicke wie Werbung als strategische Barriere eintreten kann.

In diesem Modell beeinflusst Werbung die Nachfrage, und zwar sowohl jene der Firma die wirbt, als auch jene der Konkurrenten. Angenommen zwei Firmen produzieren strategische Komplemente nach folgendem Nachfragesystem:

[pic]

Gleichung 26

[pic]

Gleichung 27

A entspricht hier den Ausgaben für Werbung von Firma 1, wobei angenommen wird dass es sich um versunkene Kosten handelt bevor das Unternehmen in den Markt eintritt. Der daraus resultierende Effekt ist, dass sich dadurch die beiden inversen Nachfragekurven verschieben. Weiters wird angenommen, dass es sich hierbei um „kompetitive“ Werbung handelt, wo dem Konkurrenten zum eigenen Vorteil Marktanteile abspenstig gemacht werden. Die Gewinnfunktion von Firma 1 sieht daher so aus:

[pic]

Gleichung 28

Der Effekt der Werbung am Gewinn sieht daher so aus:

[pic]

Gleichung 29

Der erste Term ist hier gleich null, da [pic] erst in der zweiten Stufe optimal gewählt wird. Ausmultipliziert bleibt daher:

[pic]

Gleichung 30

Der erste Term beschreibt die Verschiebung der Nachfragefunktion von Firma 1 nach außen, also die Nachfragesteigerung durch die Werbung. Der zweite Term entspricht der Einschränkung der Nachfrage für den Konkurrenten, also die Marktanteile, die an Firma 1 abgetreten werden.

Der einfachste Weg herauszufinden, welche Konsequenzen diese beiden Effekte nach sich ziehen ist wohl der Blick auf die Reaktionsfunktionen

[pic]

Abbildung 11: Direkter und indirekter Effekt von Werbung. Quelle: Church, Ware, 2000:569

Der erste Effekt ist jener, der die Reaktionsfunktion von Firma 1 nach außen verschiebt. Der zweite Effekt verschiebt nun aber noch zusätzlich die Reaktionsfunktion des Konkurrenten nach unten. Insgesamt wird der Preis von Firma 1 erhöht, bei gleichzeitiger Senkung des Preises des Konkurrenten.

Es ergeben sich also zwei positive Effekte bei einer Erhöhung der Ausgaben für kompetitive Werbung, bei kooperativer Wirkung der Werbung würde der zweite Effekt gegenteilig ausfallen. Schafft es beispielsweise Firma 1 seine Werbungsausgaben weit genug zu erhöhen, so können Konkurrenten aus dem Markt gedrängt werden und der Eintritt für neue Unternehmen wird unmöglich. (Vgl.: Church, Ware, 2000:567f)

3 Die Bedeutung für die Musikwirtschaft

In diesem Abschnitt wurde über die Ausgaben für Werbung diskutiert. Für die Umlegung dieser Modelle auf die Musikindustrie soll aber nicht bloß von Werbung, sondern prinzipiell von Marketingkosten ausgegangen werden, da in der Musikwirtschaft das gesamte Marketingkonzept von großer Bedeutung ist und nicht nur die Werbung als Teil dieses Konzepts. Dies ist auch insofern zulässig, da die Kosten für Marketing im Majorbereich als konstant hoch einzuordnen sind, und somit auch der These, dass sie zu Fixkosten zählen gerecht wird.

Der Unterschied in der Musikwirtschaft im Bereich des Marketing ist nun also die unterschiedliche Kapitalausstattung, was sich auch im Bereich des Marketing äußert. Eine geringe Investition in einen Künstler in diesem Bereich rentiert sich daher nicht, sondern nur ein hohes Budget für Marketingmaßnahem, sodass aus dem Künstler ein Superstar wird, und das Tonträgerunternehmen im hochqualitativen, hochbeworbenen Sektor des Marktes wirtschaften kann. Da es den Indies hier am Kapital fehlt, bleibt ihnen zum Großteil nur im anderen, niedrig qualitativen Gleichgewicht zu arbeiten. Den Majors kommt also der große Vorteil zu, dass sie durch ihre kapitalintensive Marketingstrategie nicht nur die Nachfrage steigern, sondern auch eine Markteintrittsbarriere begründen. Sie erhöhen damit die Produzentenrente in diesem hochqualitativen Gleichgewicht und sichern sie damit auch noch gegen aufstrebende Indies ab. Dadurch wird es ihnen auch ermöglicht längerfristig von stabilen Verhältnissen auszugehen, da die Produzentenrente nicht in Gefahr ist und daher auch wieder derartig hohe Marketingbudgets ermöglicht werden.

4 Forschung und Entwicklung

1 Einführung

Der technologische Wandel ist einer der wichtigsten Antriebskräfte für der wirtschaftliches Wachstum wie Ökonomen, allen voran Nobelpreisträger Robert Solow, gezeigt haben. Es stellt sich daher die Frage bei welcher Konstellation Unternehmen eher dazu geneigt sind Kapital in Forschung und Entwicklung zu investieren, und welche Gegebenheiten der Forschungsfreudigkeit entgegenwirken. Der Ökonom Joseph Alois Schumpeter bezeichnete das marktwirtschaftliche System als Prozess der „schöpferischen Zerstörung“, da durch Forschung und Entwicklung neue wirtschaftliche Zweige entstehen können, die die alten ersetzen und somit zerstören. Außerdem war er der Ansicht, dass das Streben der Forschung aus einer Intuition heraus kommt, in welcher der Unternehmer damit spekuliert Gewinne eines Monopolisten zu verzeichnen können, falls die Forschung erfolgreich ist. (Vgl.: Schumpeter, 2002: 405-437)

In diesem Abschnitt wird zuerst diskutiert, inwiefern es prinzipiell für ein Unternehmen ratsam ist in Forschung und Entwicklung zu investieren, und welche Marktkonstellation Investitionen in Forschung und Entwicklung fördern, und welche nicht. Im Anschluss wird der Markt der Forschung und Entwicklung an sich untersucht, und inwieweit Unternehmen bereit sind Kapital in Forschung und Entwicklung zu investieren. Zum Abschluss wird noch der Handel mit bereits getätigten Innovationen erörtert.

2 Marktstruktur und Anreiz für Forschung und Entwicklung

Die fundamentale Arbeit des Zusammenhangs von Marktstruktur und dem Anreiz in Forschung und Entwicklung zu investieren wurde von Arrow (1962) veröffentlicht. Die prinzipielle Frage, die sich hier stellte war, ob ein Monopolist als Extremfall für einen zentralisierten Wettbewerb einen höheren Anreiz als ein Unternehmen in dem anderen Extrem der vollkommenen Konkurrenz.

Auch hier ist eine komplette Analyse des Modells aber nicht notwendig, da die Ergebnisse wieder recht intuitiv sind. Arrow geht in seinem Modell davon aus, dass das Ziel der Forschung ein Patent ist, dessen Rechte nur die forschende Firma hat. In unserem Fall gehen wir aber von einer Situation aus, in welcher ein Copyright (Urheberrecht) auf die erforschte Innovation vom erforschenden Unternehmen ausgeht, welches klar definiert, (rechtlich) durchsetzbar ist, und ausschließlich gilt. Dadurch ergibt sich, dass es hier für jeden Wirtschaftszweig nur eine erfolgreiche Firma geben kann, da das Unternehmen verständlicherweise seine Konkurrenten von diesem Copyright ausschließt. Gleichzeitig ist dieses Copyright der Garant für eine Monopolstellung in diesem Forschungszweig, da die Information des Copyrights nur vom Inhaber verwertet werden darf und eine Nachahmung rechtlich nicht zulässig wäre.

Arrow geht des weiteren davon aus, dass sich durch eine Innovation ein Rückgang der Grenzkosten ergibt. In diesem Fall wird davon ausgegangen, dass das Copyright eine konstante Nachfrageerhöhung nach sich zieht.

Dadurch ergibt sich für ein Unternehmen unter vollkommener Konkurrenz folgendes Bild:

[pic]

Abbildung 12: Zusätzliche Produzentenrente bei vollkommener Konkurrenz. Quelle: Eigene Darstellung

Dabei ist auffällig, dass der gesamte Erlös, der durch die Innovation einhergeht dem Produzenten zugute kommt. Wichtig ist hierbei, dass eben nur das eine Unternehmen, welches die Innovation erforscht hat davon profitiert. Würde der gesamte Markt davon profitieren, so würde diese Rente auf die Konsumenten umgewälzt werden. Der Unternehmer „profitiert“ also hierbei von der Konkurrenz in seinem Markt.

Im Falle eines Monopolisten, welcher durch Forschung und Entwicklung eine Innovation herbeiführt ergibt sich folgendes Bild:

[pic]

Abbildung 13: Zusätzliche Produzentenrente im Falle des Monopols. Quelle: Eigene Darstellung

Die hellgraue Fläche kennzeichnet hier die Produzentenrente des Monopolisten bevor er die Innovation tätigt. Die Produzentenrente nach Vollendung der Innovation entspricht der hellgrauen und der dunkelgrauen Fläche, wobei die dunkelgraue Fläche der zusätzlichen Produzentenrente entspricht, die der Monopolist hierbei gewinnt.

Die Vergrößerung der gesamten Rente ist hier kleiner als bei der selben Innovation bei vollkommener Konkurrenz. Dies ergibt sich durch die ineffiziente Ausschöpfung der Renten unter Monopolbedingungen. Daraus resultiert, dass auch die zusätzliche Produzentenrente nur ein Bruchteil von jenem Teil sein kann, welcher bei vollkommener Konkurrenz erwirtschaftet wird.

Das Fazit aus diesem Vergleich ist relativ einfach: Der Unternehmer kann bei einer Konkurrenzsituation mit einer deutlich höheren zusätzlichen Produzentenrente rechnen, als dies bei einem Monopolisten der Fall ist. Der Grund dafür ist, dass der Monopolist bereits Monopolrenten erhält, sodass der Zugewinn deutlich niedriger wäre als im Falle eines Unternehmers in Konkurrenz. Der Monopolist würde nur ein Monopol gegen ein lukrativeres Monopol tauschen, während die Firma unter Konkurrenz gleich mit dem lukrativen Monopol tauscht.

3 Der Markt für Forschung und Entwicklung

Im vorherigen Abschnitt wurde gezeigt, ob Firmen aufgrund ihrer Konkurrenz dazu geneigt sind in Forschung und Entwicklung zu investieren. Nun soll geklärt werden wie sich Firmen aber tatsächlich verhalten im Konkurrenzkampf um Innovationen.

Diese Situation beschreibt nun das Verhalten von zwei Firmen, die in Konkurrenz zu einander stehen um eine Innovation zu erforschen. Weiters stehen sie sich auch als Konkurrenten im selben Markt gegenüber. In dieser Darstellung beschränkt sich die Konkurrenzsituation der Einfachheit halber nur auf einen Wettbewerb um ein Copyright. Daraus ergibt sich wieder, dass diese Innovation nur von einer Firma gewinnbringend vermarktet werden kann, während die andere trotz ihres Bestrebens leer ausgeht.

In diesem Modell gibt es zwei Bewerber um diese Innovation: Ein größeres Unternehmen [pic], welches konstant Gewinne bilanziert, und ein zweites, kleines Unternehmen [pic], welches wirtschaftet mit einem Gewinn von

[pic]

Gleichung 31

Beide Firmen arbeiten mit Kosten von [pic] in ihrem Markt und versuchen die Innovation mit der Kostenstruktur von [pic] erwerben.

Die kleine Firma kann keine Gewinne verzeichnen, sodass diese Innovation, ähnlich wie im vorherigen Abschnitt, eine Aussicht auf Monopolrenten in bezug auf diese Innovation in Aussicht stellt. Wenn dieses Unternehmen nicht die Innovation erforscht, so wird es weiterhin ohne Gewinn wirtschaften müssen, deswegen wird es den gesamten erwarteten Gewinn im vorhinein investieren. Die Investitionen der kleinen Firma belaufen sich also auf [pic]

Der Gewinn der großen Firma beläuft sich auf [pic]. Wenn man davon ausgeht, dass dem großen Unternehmen die Investitionshöhe von [pic] der kleinen Firma bekannt ist, so muss gelten um die Innovation zu tätigen:

[pic]

Gleichung 32

Wobei [pic] der Gewinn der großen Firma nach Vollendung der Innovation ist. Anders formuliert ergibt dies:

[pic]

Gleichung 33

Dies erscheint als Bedingung für die große Firma dieses Projekt der Forschung und Entwicklung zu investieren. Nur wenn der erwartete Gewinn nach Erforschung der Innovation größer ist als der jetzige Gewinn und dem Aufwand, der für Forschung und Entwicklung mindestens notwendig ist, so ist dieses Projekt für das große Unternehmen lukrativ. Auffällig ist hierbei, dass wenn die Gewinne der beiden Firmen nach erfolgreicher Forschung gleich groß sind, also gilt:

[pic],

Gleichung 34

dass dann die Bedingung in Gleichung 33 keinesfalls erfüllt sein kann und die kleine Firma von der Innovation profitieren wird. Die Bedingung muss also dahingehend erfüllt sein, sodass die große Firma aufgrund ihrer Infrastruktur die Innovation gewinnbringender vermarkten kann als die kleine Firma. In diesem Sinne muss für die große Firma auch gelten, dass sie zu steigenden Skalenerträgen wirtschaften kann, welche jene Skalenerträge der kleinen Firma übersteigen. Falls dies ebenfalls erfüllt ist, so stellt sich noch ein nachfrageseitiges Problem, und zwar ob die Nachfrage groß genug ist, um soweit Umsätze zu erwirtschaften, dass diese steigenden Skalenerträge auch genutzt werden, da sonst der Vorteil des großen Unternehmens gegenüber dem kleinen Unternehmen nicht vorhanden wäre.

Zusammengefasst enthält die Bedingung, dass die große Firma in Forschung und Entwicklung investiert folgende Implikationen:

- Das investierte Kapital in Forschung und Entwicklung der großen Firma muss größer sein als jenes der kleinen Firma

- Der Gewinn vor der Investition der großen Firma muss größer sein als jener der kleinen Firma

- Die Skalenerträge der großen Firma muss jene der kleinen Firma übersteigen

- Die Nachfrage nach der Innovation muss groß genug sein um den Vorteil der steigenden Skalenerträge auszuschöpfen

4 Der Verkauf von Innovationen

In den Annahmen der vorhergehenden Modellen wurde immer davon ausgegangen, dass eine Innovation einen rechtlichen Schutz genießt und zum einen nicht nachgeahmt werden darf, und zum anderen nur von einer Firma zu einem bestimmten Zeitpunkt implementiert werden kann, wodurch eine Mehrfachnutzung mehrerer Unternehmer unmöglich wird. Es ist allerdings durchaus möglich, dass die Innovation an ein anderes Unternehmen weiterverkauft wird, sodass jenes Unternehmen in den Vorzug der Innovation kommt. Als Vorraussetzung, dass dies passiert muss allerdings gelten, dass der Verkaufserlös den Gewinn übersteigt, der durch die Innovation erwirtschaftet wird. Ansonsten wäre es aus Sicht des „Innovators“ nicht rational seine Innovation zu verkaufen. Es muss also gelten:

[pic]

Gleichung 35

Wobei [pic] dem Gewinn das Innovators entspricht und [pic] der zu bezahlende Preis für die Innovation darstellt.

Aus der Sicht des Käufers hingegen gilt gegenteiliges. Hier muss der zu erwartende Gewinn den Preis übersteigen, also:

[pic]

Gleichung 36

Wobei [pic] der erwatete Gewinn des Käufers ist. Schlussendlich ergibt sich daraus für den Preis:

[pic]

Gleichung 37

Der Preis muss also zwischen dem jetzigen Gewinn des Innovators und dem potentiellen Käufers liegen. Weiters muss der erwartete Gewinn des Käufers jenen des Innovators übersteigen.

Geht man nun weiter davon aus, dass diese beiden Unternehmen im gleichen Markt tätig werden, so verhilft der Innovator seinem Konkurrenten zu einem wettbewerblichen Vorteil. Um diesen Nachteil zu kompensieren, der durch den Verkauf der Innovation an einen Konkurrenten entsteht, muss der Preis folgende Höhe erreichen:

[pic]

Gleichung 38

Wobei [pic] die erwartete Veränderung des Gewinns durch Verkauf der Innovation darstellt. Betrachtet man die Reaktionsfunktionen dieser beiden Unternehmen in einem Preiswettbewerb ergibt sich folgendes Bild:

[pic]

Abbildung 14: Reaktionsfunktionen beim Verkauf einer Innovation bei konkurrierenden Unternehmen. Quelle: Eigene Darstellung

Durch den Kauf der Innovation verschiebt sich die Reaktionsfunktion des Käufers nach rechts, da dieser sich nun einer erhöhten Nachfrage gegenübersieht. Gleichzeitig verschiebt sich allerdings auch die Reaktionsfunktion des Innovators nach unten, da ihm nun jene Erlöse der Innovation abhanden kommen. Auffällig ist hierbei, dass sich diese beiden Unternehmen im selben Markt befinden und sich durch die Transaktion der Innovation auch gegenseitig schädigen im Gegensatz zu Kapitel 4.4.3.

Ähnlich wie im vorherigen Abschnitt muss der Käufer der Innovation die Infrastruktur besitzen, um aus der Innovation mehr Kapital schlagen zu können als der Innovator. Hier kommt allerdings noch hinzu, dass bestimmte Innovationen auch nach der Vollendung lukrativ weiterverkauft werden können, selbst an einen Konkurrenten. Der Unterschied zwischen dem nachträglichen Kauf der Innovation und der Selbstentwicklung ebendieser hängt in der Praxis auch stark von der Information über diese Innovation ab. So hat in diesem Modell der Käufer mehr Information über die Innovation und deren Erlösstruktur als die Firmen im Modell 4.4.3.

5 Die Bedeutung für die Musikwirtschaft

Der Bereich der Forschung und Entwicklung ist bei Tonträgerunternehmen am Besten mit dem Bereich des A&R zu vergleichen. Dies ist insofern zulässig, als dass es für ein Tonträgerunternehmen nicht ausreicht einfach nur einen talentierten Künstler zu finden, sondern ihm auch durch die Tonträgerfirma mittelfristig eine Plattform zu ermöglichen auf welcher sich der Künstler weiterentwickeln kann. Außerdem ist Innovationswettbewerb mit Hilfe von Neuerscheinungen ein wesentliches Charakteristikum in der Musikwirtschaft. (Vgl.: Kulle, 1999:167)

In diesem Modell der Forschung und Entwicklung wird von einem Wettbewerb von Copyrights/Urheberrechten ausgegangen. In der Musikwirtschaft ist dies durchaus geläufig, da sich das Tonträgerunternehmen die exklusiven Rechte an den Werken von Künstlern aneignet und somit die Konkurrenten davon ausschließt. Die Monopolstellung bei der Verpflichtung eines Künstlers ergibt sich aus der komplexen Substituierbarkeit eines Künstlers mit einem anderen, allerdings sind Nachahmungen auch hier keine Seltenheit. Durch den Vertragsabschluss wird sich eine Nachfrage nach dessen Tonträgern erwartet, was wiederum eine Steigerung der Gesamtnachfrage nach Tonträgern des Unternehmens nach sich zieht.

Nach diesem Modell haben Firmen, die keinen Gewinn bilanzieren einen größeren Anreiz in Forschung und Entwicklung zu investieren als Monopolisten, da die zusätzliche Rente bei Monopolisten größer ist. In der Musikwirtschaft gibt es zwar keinen Monopolisten, aber doch einen zentralisierten Markt mit vier Oligopolisten und einer großen Menge an kleinen Unternehmen deren Gewinn deutlich kleiner ist als jene der vier Marktführer. Dadurch ist es auch erklärbar, dass Indies ständig auf der Suche nach Künstlern sind, da die Aussicht auf eine Gewinnsteigerung deutlich höher ist als bei den Majors. Aus der Sicht der Majors macht eigenes A&R nur dann Sinn:

- Wenn das notwendige Kapital, welches in A&R fließt, höher ist als dies von Indies tragbar wäre,

- Wenn der Künstler bei entsprechend gegebener Nachfrage durch steigende Skalenerträge lukrativer verwertbar wäre als bei Indies.

Der erste Punkt ist im Bereich der U-Musik kaum der Fall. Der zweite Punkt ist hingegen schon wahrscheinlicher. Daraus erklärt sich eine A&R Politik der Majors, die nur auf den Massenmarkt ausgerichtet ist. Musikalische Nischenbereiche werden daher nicht bearbeitet. Indies haben daher in diesen Nischenbereichen nicht nur keine Konkurrenz durch die Majors, sondern können aufgrund ihrer niedrigen Kostenstruktur dies auch lukrativer verkaufen. Im Gegensatz zu den Majors sind sie nicht gezwungen hohe Fixkosten decken zu müssen, sodass sich bei kleineren Verkaufszahlen die Organisationsform der Indies als effizienter erweist.

Sollte allerdings ein Künstler im Indiebereich hohe Umsätze erzielen, so kann es wiederum lukrativ sein, sowohl für den Major als auch den Indie, diesen Künstler vom Indie an den Major zu lizenzieren. In diesen Fall reagiert der Major erst nach Etablierung des Künstlers, sodass er dabei auch über vielfältige Informationen bezüglich des Künstlers verfügt. Außerdem wird dadurch verhindert, dass Indies organisatorisch wachsen, wodurch sich ein langfristiger Konkurrenzvorteil für die Majors ergibt.

Empirische Ergebnisse

1 Instrumente zur Messung der Marktkonzentration

1 Der Herfindahl-Hirschman Index

Als empirische Untersuchung wird nun die Marktkonzentration beleuchtet. Jenes Gebiet gilt auch als bedeutendes Kriterium für die Marktstruktur. Im Zentrum der Messung stehen dabei die Marktanteile von Unternehmen eines Marktes innerhalb eines gewissen Zeitraumes. Diese Marktanteile werden dabei standardmäßig berechnet als Anteil des Umsatzes des Unternehmens [pic] an dem absoluten Umsatz des Marktes [pic], woraus sich für den Markteil des Unternehmens [pic]ergibt:

[pic]

Gleichung 39

wobei [pic]der gesuchte Marktanteil ist.

Als Ausgangspunkt muss hier auch der relevante Markt eingegrenzt werden, da beispielsweise Güter, welche als Substitute bewertet werden können, in die Betrachtung (sowohl angebots- als auch nachfrageseitig) mit einbezogen werden müssen. (Knieps, 2005:50f) Als ein Messinstrument soll der Herfindahl-Hirschman Index (HHI) herangezogen werden. Die Berechnung des HHI erfolgt folgendermaßen:

[pic]

Gleichung 40

wobei [pic]der Anzahl der Unternehmen im Markt entspricht. Für die Ergebnisse des HHI gilt:

[pic]

Gleichung 41

Die Anzahl der Unternehmen, ihre Marktanteile, sowie gleichmäßige oder ungleichmäßige Verteilung ebendieser stehen hierbei im Vordergrund. Für den Extremfall des Monopols ergibt sich ein Wert von 1, während bei dem anderen Extrem einer vollkommenen Konkurrenzsituation der HHI gegen 0 geht. Weiters fördert eine ungleichmäßige Verteilung der Marktanteile die Höhe des HHI. (Vgl.: Schmidt, 2005:138) In dieser Hinsicht wird den dominierenden Unternehmen mehr Gewicht zuerkannt als den kleinen, relativ unbedeutenden Firmen.

2 Concentraion ratio (CR)

Hierbei dienen wieder die Marktanteile als Grundlage zur Messung, wobei die Berechnung dieser Marktanteile analog zu Kapitel 5.1.1 erfolgt. Bei der Messung wird üblicherweise zwischen einem Einzelmachtkonzept, wo lediglich der Marktanteil des Marktführers [pic] des Marktführers betrachtet wird, und einem Gruppenmachtkonzept unterschieden, wo die Summe der Marktanteile der Kerngruppe [pic], wobei [pic] der Anzahl der marktführenden Unternehmen entspricht, berechnet wird. Dabei sind Konzentrationsraten von [pic] und [pic] (USA und EG) die am häufigsten anzufindenden Spezifikationen. Weiters wird hierbei die Konzentrationsverteilung der Marktführer auch noch in einer Konzentrationskurve dargestellt. (Vgl.: Schmidt, 2005:139)

2 Auswertung

Die hier verwendeten Daten stammen von der IFPI (Vgl.: ebd., 2006:5), dem Verband der österreichischen Musikwirtschaft, und beziehen sich auf das Jahr 2005. Die Umsätze der IFPI-Mitgliedsfirmen repräsentieren allerdings nur ca. 90% des österreichischen Musikmarktes. Da beim HHI den größeren Unternehmen auch größeres Gewicht beigemessen wird als den kleineren Firmen, sollte dieser Umstand der Unvollständigkeit das Ergebnis nur marginal verändern. Bei der Analyse des Concentration ratio werden ohnehin nur die Marktführer betrachtet, sodass hier selbiges gilt.

Der HHI ergibt für den österreichischen Markt einen Wert von:

[pic]

Gleichung 42

Dieser Wert von ca. 23,6% für den österreichischen Tonträgermarkt überschreitet die kritischen Konzentrationsgrade des HHI von 10% und 18% deutlich. Durch dieses klare überschreiten dieser Grenzen kann ohne Zweifel von einem stark zentralisierten Markt gesprochen werden, wo jede Fusion der großen Marktteilnehmer von der Wettbewerbsbehörde angefochten werden würde. (Vgl.: Scherer, Ross, 1990:185)

Die Betrachtung des Concentration ratio wird naheliegenderweise für die vier größten Unternehmen, also die Majors, durchgeführt. Das Ergebnis ist folgendes:

[pic]

Gleichung 43

Dies bedeutet, dass 87,2% der Umsätze in der Tonträgerindustrie in Österreich von Majors erzielt werden. Als kritischen Konzentrationsgrad spezifiziert hier Schmidt (Vgl.: ebd., 2005:140) einen Wert von 50% bei vier Unternehmen. Auch diese Analyse verstärkt die obige These, dass in diesem Markt „die Gefahr besteht, dass das Verhältnis nicht mehr kompetitiv ist und daher die Marktergebnisse nicht länger wettbewerbsgerecht sind.“ (Schmidt, 2005:140)

Veranschaulicht man die Konzentrationsraten mit Hilfe der Konzentrationskurve, so ergibt sich folgendes:

[pic]

Abbildung 15: Konzentrationskurve der Majors in Österreich. Quelle: IFPI, 2006:5 und eigene Berechnungen

Die Kurve [pic] zeigt, welchen Anteil der Umsatz am österreichischen Markt die vier Majors hat, bzw. auf wie viele der größten Unternehmungen die Anteile am Gesamtumsatz entfallen. Die Steigung der Kurve ist ein Indikator für die Verteilung der Umsätze unter den Firmen, also je steiler die Steigung, umso asymmetrischer sind die Umsätze verteilt. (Vgl.: Schmidt, 2005:139) Auch hier ist zu bemerken, dass die Kurve einen starken Anstieg im Beginn zeigt, was auf die Dominanz der beiden größten Majors, Universal Music und Sony BMG, gegenüber den anderen beiden zurückzuführen ist.

Fazit

In diesem abschließenden Kapitel wird versucht ein Fazit zu ziehen. Zu Beginn steht eine Zusammenfassung der Ergebnisse dieser Arbeit in bezug auf die Wertschöpfungskette in der Musikindustrie. Den Abschluss bildet ein Ausblick, in welchem die Veränderung des Internets auf die Musikindustrie als mögliches weiterführendes Forschungsthema kurz skizziert wird.

1 Zusammenfassung der Ergebnisse

1 Allgemeines

Die Majors sind als weltweit operierende Unternehmen tätig und haben ihre Strukturen einer weiten Wertschöpfungskette vom Verlag bis teilweise hin zum Einzelhandel. In Österreich sind die Strukturen der Majors allerdings weniger stark vertreten. Gerade einmal Unversal Music Austria kann hierbei als „vollwertiger“ Major gesehen werden, der national auch Akzente in der Musiklandschaft setzt. Sony BMG bedient Österreich mehr aus dem benachbarten Deutschland, und EMI sowie Warner Music beschränken großteils sich auf die Vermarktung des internationalen Repertoires in der Alpenrepublik. Unter diesen Vorraussetzungen sollte man eigentlich annehmen können, dass Österreich ein sehr fruchtbarer Boden für Indies sein müsste, da die Konkurrenz der großen Majors fehlt. Die Realität sieht allerdings anders aus. Die Majors generieren 87,2% des Gesamtumsatzes mit Tonträgern für sich. Ferner ist ihr Einfluss derartig groß, dass aus wettbewerbspolitischer Sicht der Wettbewerb auf ein Minimum reduziert wird, bzw. gar nicht mehr vorhanden scheint. So findet beispielsweise kein Preiswettbewerb statt, sondern eine Preispolitik, die unisono von allen Majors in den drei Preiskategorien angewendet wird.

Wenn nun der wirtschaftliche Erfolg, trotz der mäßigen Präsenz der Majors, vorhanden ist, so müssen die Strukturen der Wertschöpfungskette eben jenen Erfolg sicherstellen und gleichzeitig dafür sorgen, dass dieser Erfolg auch längerfristig anhält z.B. durch Minimierung der Konkurrenz durch die Indies.

2 Die Situation im Verlagswesen

Der Verlag ist in erster Linie damit beschäftigt die angeeigneten Rechte zu verwerten. Falls ein Künstler mit einem Major einen Vertrag abschließt, so ist ein Verlagsvertrag meist inbegriffen, bzw. liegt ein Vertrag mit einem renommierten Verlag bereits vor. Falls ein Künstler einen Vertrag bei einem Indie unterzeichnet, so ist es durchaus möglich, dass die übertragenen Urheberrechte bei einem Verlag eines Majors liegen. In diesem Falle geht ein Teil des Umsatzes an den Major, welcher dadurch mitverdient. Außerdem erlangt der Major einige Informationen über die Performance des Künstlers. Diese Art der Kooperation ist in Österreich allerdings selten.

3 Die Situation in A&R

Im Bereich des A&R ist es das primäre Ziel neue Künstler für das Tonträgerunternehmen zu gewinnen. Das Problem hierbei ist abzuschätzen wie sich die Tonträger des Künstlers verkaufen werden. Ein Beispiel soll zeigen wie die Entwicklung eines Künstlers aussehen könnte.

Zu Beginn ist der Künstler so gut wie unbekannt. Ein Vertrag mit einem Major ist aussichtslos, da die Majors keine Informationen über den Künstler haben. Der Künstler kann sich allerdings mit einem Indie auf einen Vertrag einigen, da dieser Indie auf der einen Seite nicht von hohen Absatzzahlen seiner Künstler ausgehen muss um die Kosten zu decken, und da auf der anderen Seite der Indie eher gewillt ist in A&R zu investieren, da der Anreiz zusätzlicher Einkünfte größer ist als bei einem Major. Der Indie investiert anfangs zaghaft in den Künstler, da auch er noch nicht dessen kommerzielles Potential einschätzen kann. Nach den ersten Erfolgen und Tonträgerverkäufen entschließt sich der Indie schließlich mehr Kapital zu investieren und baut den Namen des Künstlers zu einer Art Marke auf. Nach einer Reihe weiterer wirtschaftlicher Erfolge für den Künstler erhält er ein Abwerbeangebot eines Majors. Der Major gibt vor mehr Kapital in die Entwicklung des Künstlers investieren zu können und gleichzeitig auch einen höheren Gewinn mit dem Künstler erwirtschaften zu können aufgrund von steigenden Skalenerträgen. Nach Einwilligung des Künstlers lizenziert der Major den Künstler und bezahlt dem Indie einen Preis, der höher ist als der erwartete Gewinn den der Indie noch mit dem Künstler gemacht hätte.

An diesem Beispiel, welches viele typische Aspekte der Musikwirtschaft widerspiegelt, zeigen sich verschiedene Auswirkungen aufgrund verschiedener Organisationsstrukturen bzw. Organisationsgrößen. Aus Sicht der Majors ist es praktisch unmöglich neue Talente von Anfang an zu betreuen, da sie anfangs zu wenig Umsätze für einen Major erwirtschaften können. Majors halten daher Ausschau nach Acts bei welchen derartige Verkäufe von Tonträgern möglich sind, woraus sich die Philosophie ergibt etablierte Künstler, die kommerziell verwertbare Musik produzieren, und sich bereits einen Namen in der Szene gemacht haben zu suchen. Nur in diesem Fall kann die Organisationsform der Majors zum einen die hohen Kosten decken, und zum anderen den Größenvorteil durch steigende Skalenerträge nutzen.

Für die Indies gilt gegenteiliges. Eine Lizenzierung von Superstars wäre budgetär unmöglich, und deswegen konzentriert man sich in diesem Bereich auf die Förderung neuer Talente. Die Majors sind daher in einer Situation, in der sie zum einen von den Indies als Talentförderer profitieren, und zum anderen in der sie von den Indies abhängig sind, da von ihnen der künstlerische Input kommt. Außerdem agieren die Indies als „Aussiebungsinstitution“, in der bereits bei der Förderung der Talente deren kommerzielles Potential zu Tage tritt, was sich auch als Vorteil der Majors erweist.

4 Die Situation in der Produktion

Da die Produktion meist ausgelagert wird auf spezialisierte Produzenten gibt es in diesem Bereich keine nennenswerten Interdependenzen oder andere Beziehungen zwischen Majors und Indies.

5 Die Situation bei der Herstellung

Bei der Herstellung von CDs sind die Indies auf die Presswerke der Majors angewiesen, sofern die CDs nicht (intern oder extern) gebrannt werden. Wird allerdings eine Kooperation mit einem Major eingegangen, indem CDs zur Pressung in Auftrag gegeben werden, so profitiert auch wieder der Major davon. Für nicht-physische Formate wie z.B. mp3 ist der Einbezug der Majors nicht von Bedeutung, da diese Herstellung auf jedem herkömmlichen PC stattfinden kann.

6 Die Situation im Marketing

Der Bereich des Marketings ist wieder von den beiden verschiedenen Organisationsformen geprägt. So sind die Marketingkosten bei Majors relativ hoch (ca. 23% der Gesamtkosten), während die Indies mit nur geringen Mitteln den Verkauf von Tonträgern fördern können. Dies ist bei den Majors auch deswegen möglich, da die verpflichteten Künstler auch bereits über die nötige Reputation verfügen und Informationen über ihn vorhanden sind. Vom Standpunkt der Indies wird das Marketing eingesetzt um zum einen die Nachfrage nach den eigenen Tonträgern zu erhöhen, und zum anderen um die Wirkung von Marketinginstrumenten zu nutzen um Qualität zu signalisieren. Dadurch wird es dem Konsumenten ermöglicht auf den beworbenen Tonträger aufmerksam zu werden, wodurch auch wieder die Majors lukrative Künstler leichter ausfindig machen können. Außerdem erschaffen die Majors durch ihre konstant hohen Fixkosten im Marketing eine Markteintrittsbarriere, wodurch sie ihre Gewinne durch das Fernbleiben zusätzlicher Konkurrenz langfristig absichern. Aufgrund dieser stabilen Marktverhältnisse kann dann auch wieder risikoloser mit den hohen Marketingbudgets für die Zukunft kalkuliert werden.

7 Die Situation in der Distribution

Hier gilt ähnliches wie im Verlagswesen. Auch hier profitieren Majors von den Umsätzen der Indies, soweit sie die Distributionskanäle der Majors nützen. Auch hier spielen die Majors ihre Größenvorteile aus, da ein Vertrieb sich erst ab einer gewissen Anzahl an Tonträgern rechnet. Außerdem gewinnen die Majors zusätzlich wertvolle Informationen über den Absatz der Indies.

In Österreich ist die Kontrolle der Distributionskanäle durch die Majors besonders gravierend, da es kaum alternative Vertriebe gibt.

8 Die Situation im Einzelhandel

Im Einzelhandel der Majors werden im Regelfall nur eigene Veröffentlichungen verkauft. Da in Österreich dieser Teil der Wertschöpfungskette ohnehin unterrepräsentiert ist, kann von keinerlei Beziehungen ausgegangen werden.

2 Ausblick

In diesem Ausblick sollen nun abschließend ein paar Schlussfolgerungen aus den Ergebnissen dieser Arbeit Einhalt finden, welche auch für eine weiterführende Forschung betrachtenswert sein sollten.

Im Mittelpunkt dieser Auseinandersetzung steht die Veränderung der Musiklandschaft durch das Medium Internet und deren mögliche Zukunft. In den vergangenen Jahren hatten die Majors mit schweren Umsatzeinbußen zu kämpfen (s. Abb.4), was von Seiten der Musikindustrie auf „das Raubkopieren von Musik im Internet [und] illegales Filesharing“ (IFPI, 2006:1) zurückzuführen sei. Gleichzeitig wird aber das Internet auch als Chance begriffen einen neuen Kanal für den Verkauf von Tonträgern zu etablieren. So wurden 2005 4,2 Millionen Werke über Download-Shops und Internet verkauft. (Vgl.: IFPI, 2006:2) So stellt sich nun die Frage inwiefern sich die ansteigende Nutzung dieses noch relativ jungen Mediums auf die Strukturen der Musiklandschaft auswirken könnte. Bei genauerer Betrachtung lässt sich feststellen, dass sich in fast jedem Bereich eines Tonträgerunternehmens Alternativen für den Verkauf von Musik anbieten. Im Verlagswesen ergeben sich neue Möglichkeiten der Verwertung z.B. durch Internetradio, die Suche nach neuen Talenten im A&R wird durch die Internetpräsenz von Künstlern vereinfacht, das Marketing wird durch Foren und Netzwerke wie z.B. erweitert, und der Verkauf und Vertrieb wird durch Internetshops ergänzt. Durch die Nutzung des Internets wird es dadurch vor allem für Indies leichter ihren Verkauf von Tonträgern unabhängiger zu gestalten. Dadurch könnten diese aufgezählten, wichtigen Bereiche kostengünstig ausgelagert, bzw. in die Wertschöpfungskette integriert werden, und bestehende Dependenzen von den Majors eliminiert werden. Aus der Sicht der Majors kann sich der Vorteil ergeben, dass man weniger auf den Einzelhandel angewiesen ist und Absatzwege im Internet fördert, allerdings bleibt zu bezweifeln ob die fehlende A&R Arbeit der Indies kompensiert werden kann, da Majors eher auf der Suche nach bereits etablierten Künstlern sind. Gerade auch in der momentanen Lage, wo mit sinkenden Umsätzen zu kämpfen ist, wäre der Aufbau einer eigenen A&R Arbeit umso schwieriger.

Unter der Vorraussetzung, dass der momentane Umsatzrückgang weiter andauert, lassen sich zwei Szenarien über die Zukunft der Musikindustrie ableiten:

- Die Majors werden aufgrund sinkender Umsätze und fehlender A&R Arbeit dazu gezwungen ihre Kosten zu senken. Damit geht gleichzeitig einher, dass Marktbarrieren abgebaut werden und der Markt wettbewerbsintensiver wird. In diesem Fall werden Indies, auch durch das kosteneffizientere Wirtschaften, vom Internet profitieren und Marktanteile gewinnen.

- Die Majors wirtschaften weiter wie bisher. In diesem Fall müssen digitale Verkäufe bzw. andere Formate (z.B. Klingeltöne) die sinkenden Umsätze bei den „traditionellen“ Tonträgern kompensieren. Dadurch würde die dominierende Stellung der vier Majors bestehen bleiben. Ob die fehlende A&R Arbeit integriert wird bleibt ungewiss. Sollten die sinkenden Umsätze in diesem Fall jedoch nicht kompensiert werden können, so droht die Insolvenz der Majors und eine komplette Neuordnung der Musiklandschaft.

Quellenverzeichnis

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Rechtsgrundlagen

§§15-18a UrhG, geltendes Recht vom 27. Mai 2006

§ 1172 ABGB, geltendes Recht vom 27. Mai 2006

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